Warum ich nicht umsonst arbeite…

Liebe Community,

ich schreibe diesen Beitrag mit etwas Wut im Bauch. Was ist geschehen? Ich habe vor ein paar Tagen eine Einladung zu einem zweitägigen Workshop bekommen. Eine Organisation bat mich an einem Workshop mitzuwirken, bei dem es um eine sehr wichtige gesellschaftliche Fragestellung geht. Meine Expertise im Bereich Gamification wäre sehr wichtig. 

Die Organisation verfügt über einige Mitarbeiter*innen und viele unterschiedliche Kund*innen. Ihr Auftraggeber im vorliegenden Fall ist eine große öffentliche Einrichtung. 

In der Mail wurde darauf hingewiesen, dass die Reisekosten gemäß Bundesreisekostenrechts erstattet werden könnten. Ich erlaubte mir eine Rückfrage hinsichtlich des angedachten Honorars, bekam aber nur eine weitere Mail einer weiteren Person aus dem Team, mit der Erinnerung, doch bitte mitzuteilen, ob ich nun komme oder nicht und – bei Nicht-Teilnahme – die Veranstaltung in meinem Netzwerk zu teilen. Auf meine erneute Rückfrage nach dem Honorar wurde mir dann mitgeteilt, es gäbe dafür kein Budget.

Ich habe schon so manches erlebt und ja, man kann immer auch Deals machen und bei Organisationen/Personen, die über keine oder nur geringe Mittel verfügen, bin ich auch gerne bereit in absoluten Sonderfällen ohne oder mit geringem Honorar zu arbeiten, aber das geht zu weit. Zumal die Recherche zeigte, dass das Thema von erheblicher Bedeutung für den Wandel in unserer Gesellschaft ist und zudem durchaus weitreichende finanzielle Ressourcen vorhanden sind. Ich weigere mich, solche Praktiken zu unterstützen und rufe alle Menschen in meiner Community auf, solches Gebaren ebenfalls nicht zu unterstützen! 

Ich habe der Organisation heute folgende Antwort zugesendet: (Ich habe nur die Worte gelöscht, die Rückschlüsse auf die Organisation zulassen)

„Sehr geehxxx xxxxxxx xxxxxxx, 

ich nehme Bezug auf Ihre Anfrage bezüglich meiner Teilnahme an einem zweitägigen Workshop im Themenbereich „XXXXXXXXXX“ in XXXXXX. 

Zuerst möchte ich mich dafür bedanken, dass sie mich aufgrund meiner Expertise und meiner jahrelangen Erfahrung im Bereich Gamification und weiteren Themenbereichen für diesen Workshop angefragt haben. 

Gleichwohl möchte ich Ihnen hiermit absagen und dies auch begründen: Ich hätte zeitlich auf jeden Fall die Möglichkeit, meine Expertise an diesen beiden Tagen einzubringen und mitzuarbeiten. Inhaltlich hätte ich es sehr gerne getan. Ich kann allerdings nicht verstehen, wieso Sie mich als Experten einladen, auf meine besondere Expertise in der Einladung verweisen, dann aber erwarten, dass die Mitarbeit in diesem Workshop kostenlos passieren soll. Ich habe mein Wissen in den letzten 15 Jahren aufgebaut. Ich habe national und international erfolgreich Projekte umgesetzt. Ich arbeite nicht umsonst. 

Meine Frau und ich, wir teilen uns die Arbeit und die Erziehung unserer Tochter. Wir leben Gleichberechtigung. Dies bedeutet aber auch, dass wir beide uns bei Anfragen für Workshops oder ganze Projekte immer genau überlegen, ob eine Teilnahme beziehungsweise Mitarbeit an einem Projekt sinnvoll und notwendig ist. In diesem Fall würde ich meiner Frau eine Mehrbelastung zumuten, die für unsere Familie keinerlei Mehrwert bringt. 

Das Thema, um das es in diesem Workshop geht, ist nicht trivial. Ich habe in meiner Arbeit immer den Ansatz verfolgt, mich gut auf Projekte vorzubereiten – unabhängig von der Größe des Projektes. Anders ausgedrückt: ich werde mindestens einen weiteren Tag brauchen, um mich so auf diesen Workshop vorzubereiten, dass ich wirklich etwas inhaltlich relevantes beisteuern kann. Somit reden wir faktisch von drei Arbeitstagen. Ich habe mir ihre Institution angesehen. Sie arbeiten für eine Vielzahl an Kunden und verfügen selbst über ein sehr großes Team. Deshalb ist es für mich unverständlich, dass sie davon ausgehen, dass Expert*innen bereit sind, drei Tage kostenlos für sie zu arbeiten. 

Erschwerend kommt hinzu, dass sie eine allgemeine Mail versenden, ohne auch nur auf die Frage des Honorars einzugehen. Ich bin in meiner Arbeit durchaus bereit kostenlos zu arbeiten, beispielsweise wenn es um gemeinnützige Organisationen und/oder Themen geht, bei denen ich glaube, dass eine gesellschaftliche Verantwortung vorhanden ist. So habe ich nicht nur Künstler*innen kostenlos beraten, sondern arbeite auch in Projekten im Bereich Klimawandel mit, ohne dafür ein Honorar zu verlangen.

Ich erwarte mit Sicherheit nicht, dass man mir eine Übernachtung in einem 5-Sterne-Hotel zur Verfügung stellt. Aber wenn ich konzentriert arbeiten soll, dann kann es durchaus sein, dass ich ein Hotel benötige, in dem ich mich ausruhen kann. Aber: Ihrer Mail entnehme ich, dass ich nun die Aufgabe habe, im Rahmen eines vorgegebenen Budgets (Bundesreisekostengesetz) wobei sie mir die Höhe des Budgets nicht mitteilen, meine Reise und meine Reisekosten zu planen. 

Ich habe auf diese erste Mail geantwortet und nach einem Honorar gefragt. Ich bekam von Ihnen aber keine Antwort, es erreichte mich aber eine weitere Mail von einer Ihrer Kollegixxxxxx die mich bat, doch bitte schnellstmöglich zu antworten, ob ich nun an der Veranstaltung teilnehmen werde oder nicht. Dies erweitert um die Bitte, bei einer Nicht-Teilnahme mein Netzwerk zu fragen. Natürlich werde ich mein Netzwerk nicht fragen. Denn auch mein Netzwerk muss von dem was es tut leben. Wir arbeiten nicht umsonst. Und wir arbeiten seriös und qualitativ hochwertig. Dies hat seinen Preis. Oder ist ihre Organisation bereit, das gesamte Projekt, welches sie in ihrer Einladung benannt haben, kostenlos durchzuführen? 

Ich hoffe, Sie können nachvollziehen, dass ich aus den genannten Gründen nicht bereit bin, mich bei ihrem Projekt einzubringen. Ich werde Ihre Anfrage auch nicht weiterleiten, da wir in meinem Netzwerk eine klare Festlegung haben, dass wir nicht für umsonst arbeiten und – verzeihen Sie bitte die deutlichen Worte – uns nicht ausbeuten lassen. 

Ich möchte sie in keinem Fall persönlich angreifen und es mag Gründe geben, warum es kein Budget für Honorare für diese Veranstaltung gibt. (Nebenbei bemerkt: bei einem so wichtigen gesellschaftlichen Thema gibt es keine Budgets für eine umfassende Vorbereitung?) Allerdings ist mir nicht verständlich, wie sie hochwertiges Expertenwissen gewinnen wollen, wenn sie dafür keine Honorare zur Verfügung stellen. 

Was ich Ihnen anbieten möchte, ist, und ich tue dies, weil mir ihr Thema am Herzen liegt, dass ich an einem der beiden Tage für die Dauer von 1 Stunde digital zugeschaltet werde, und wir dort ihre Punkte mit mir diskutieren. Hierfür würde ich kein Honorar verlangen. 

Mit freundlichen Grüßen 

Christoph Deeg“

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