Digital-Analoge Räume – mein Hotel und mein mobiles zuhause…

Liebe Leser,

ich bin wieder unterwegs. Social-Media-Workshops mit 10 Institutionen an 10 Tagen. Man kommt viel rum. Ich sitze im Zug, höre Keith Jarret und denke über Räume nach. Es mag vielleicht komisch klingen aber Räume sind in der digitalen Welt sehr wichtig. Dabei geht es nicht nur um virtuelle Räume sondern vielmehr um reale Räume, die sich mit dem Digitalen verbinden.

In den letzten Monaten konnte ich beobachten, das sowohl die digitale Welt als auch soziale Räume an Bedeutung gewinnen. Viele Unternehmen erleben gerade, dass die digitale Welt Ihren Arbeitsraum verändert. Kulturinstitutionen wie Bibliotheken erleben gerade, wie Ihr greifbarer bzw. in der Bibliothek verortbarer Bestand an Bedeutung verliert, während die Bibliothek als Service in der digitalen Welt und als Raum in der realen Welt an Bedeutung gewinnt.

Es geht dabei nicht nur um Technologie sondern vielmehr um neue Formen des Denkens, Arbeitens und Erlebens. Und es geht glaube ich weniger um Design und vielmehr um ein individuelles Erlebnis.

In meiner Arbeit bin ich sehr viel unterwegs. Im Durchschnitt bin ca. 150 Nächte pro Jahr im Hotel. Ich lebe sozusagen in virtuell-analogen Räumen. Jedes Hotelzimmer ist nicht mein Zimmer. Es ist eine Vision, eine Idee und es geht darum, mir ein Gefühl von zuhause zu geben. Es klappt nicht immer und es bedeutet nicht Luxus oder Design. Es soll Musiker geben, die sich vertraglich zusichern lassen, dass sie auf einer Tournee in jedem Hotelzimmer auf dem Kopfkissen einen grünen Apfel finden. Es ist eine Art Fixpunkt. Wenn man wie ich sehr viel reist geht es längst nicht mehr um Luxus sondern vielmehr um ein Gefühl des Wieder-Erkennens.

Manche Gegenstände bzw. manche Dinge haben für uns eine besondere Bedeutung. Wir verbinden mit Ihnen ein bestimmtes Gefühl oder auch eine bestimmte Tätigkeit. Am auffallendsten ist für mich bei Bibliotheken zu beobachten. Viele Menschen gehen mit ihren iPads, Laptops oder eBook-Readern in die Bibliothek um dort zu arbeiten bzw. zu lernen. Sie nutzen den Bestand der Bibliothek nicht. Die Bibliothek ist also ein Lernort auch wenn der Bestand gar nicht genutzt wird. Ich selber gehe gerne ins Museum. Manchmal interessieren mich die dort ausgestellten Werke gar nicht. Es ist vielmehr der Raum, der mich reizt. Natürlich gehören die ausgestellten Werke mit dazu, aber ich beschäftige mich nicht mit Ihnen.

Ich lese sehr gerne. Ehrlich gesagt kann ich nicht gut einschlafen, wenn ich vorher nicht ein paar Zeilen lesen konnte. Ich lese keine gedruckten Bücher. Ich nutze meinen Kindle-Reader. Seitdem ich dieses Gerät habe lese ich nicht nur mehr, ich gebe auch mehr Geld für Bücher aus. Für mich persönlich ist der eBook-Reader eine echte Bereicherung. Und trotzdem möchte ich nicht auf die Bücher in meinem Arbeitszimmer verzichten. Ich rühre sie nicht an aber sie verschwinden auch nicht in einem Karton im Keller. Dabei habe ich diese Bücher nahezu alle zusätzlich als eBook erworben.

Wie gesagt bin ich sehr viel unterwegs. Und neulich kam mir eine Idee. Wie wäre es wenn es Hotelzimmer gäbe, bei denen eine Wand ein riesiger Bildschirm wäre, auf dem ein Bücherregal dargestellt würde? Die Bücher in diesem Regal wären die Bücher, welche ich auf meinem Kindle habe. Ich weiß, dass es solche Wände gibt. Es wäre also technisch umsetzbar. Diese Wand wäre also der grüne Apfel, der Fixpunkt.

Es gibt tausende von Menschen, die wie ich sehr viel unterwegs sind. Und auch wenn dies kein neues Phänomen ist, gibt es z.B. von Kultur- und Bildungsinstitutionen so gut wie keine interessanten Angebote. Es gibt weder einen für alle Bibliotheken in Deutschland gültigen Bibliotheksausweis noch spezielle Angebote von Museen oder Opern. Es sind vielmehr Technologie- und Content-Anbieter die für die kulturelle Versorgung von viel reisenden Menschen sorgen.

Ich bin gespannt, was eher realisiert wird: das virtuelle Bücherregal oder der globale Bibliotheksausweis…

Beste Grüße

Christoph Deeg

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