Stirbt Social Media?

Liebe Leser,

Eine kleine These: socialmedia liegt im Sterben. Die Möglichkeiten, die sich durch die Sozialen Medien ergeben, wurden und werden nicht wahrgenommen/genutzt – es bleiben Plattformen die entweder als elitäre Blasen oder Arenen des Pöbelns funktionieren – digitale Kleinstaaten ohne Relevanz. Irgendwann sind wir falsch abgebogen. Verantwortlich für diese Situation sind wir alle. Ein wichtiger Faktor war ein falsches Verständnis von Onlinemarketing und Öffentlichkeitsarbeit. Anstatt die sozialen Medien als Räume für Diskurs und gemeinsame Weiterentwicklung zu nutzen, wurden sie überschwemmt mit fürchterlichen Kampagnen und dem Versuch, Produkte, Personen und Institutionen zu bewerben. Die sozialen Medien sind Dialogmedien. Aber wir haben so getan, als wären es klassische Plakatwände. Die Unfähigkeit oder Nichtbereitschaft, diesen digitalen Raum sinnvoll zu bespielen und zu entwickeln, wurde kombiniert mit einer fast schon extremen Emotionalisierung, bei der es immer seltener darum geht, sich inhaltlich auszutauschen, und viel öfter nur noch Empörung zu finden ist. Dabei ist es unerheblich, aus welchem politischen Lager oder auf Basis welches Menschenbildes kommuniziert wird. Aber der Rückzug in die eigene kleine Filterblase ist auch keine Lösung. Denn so entstehen digitale Parallelgesellschaften, die sich irgendwann wundern, dass da draußen noch eine ganz andere Welt vorhanden ist. Und der Rückschritt ins Analoge ist auch keine sinnvolle Strategie, denn wir haben ja gerade das Digitale erschaffen, weil das Analoge allein nicht mehr funktioniert beziehungsweise nicht ausreicht. Das Analoge wird zunehmend zu einer Projektionsfläche, einem Sehnsuchtsort, die uns davor schützen soll, unser Scheitern im digitalen Raum reflektieren zu müssen. Aber die angeblichen „echten“ Gespräche, der angebliche „echte“ Diskurs, war im analogen nie vorhanden. Das aAnaloge war die ultimativer Filterblase. Wir haben ja gerade die sozialen Medien genutzt, weil wir feststellten, dass die analogen Formate nicht ausreichen. Vielleicht müssten wir einfach von vorne beginnen. Vielleicht müssen wir uns auch eingestehen, dass wir entweder nicht die Fähigkeit oder aber die Lust dazu haben, wirklich eine digital-analoge Lebensrealität zu entwickeln.

Was machen wir jetzt?

Christoph Deeg

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