Liebe Leser,
es ist wieder Zeit für einen Blogbeitrag, genauer für ein Update aus meinem Projekt „Enter Africa“. Im Auftrag des Goethe Instituts bin ich – zusammen mit Roman Rackwitz – bereise ich 15 afrikanische Staaten und veranstalte vor Ort ganz spezielle Game-Labs. Ziel des Projektes ist es, lokale Communitys zu aktivieren, eine Vision für ihre Zukunft zu entwickeln und diese mittels eines local-based-games darzustellen. Es geht also um die Nutzung von Gaming und Gamification zur Entwicklung und Umsetzung von Zukunftsszenarien afrikanischer Städte. Darüber hinaus möchten wir Know How im Bereich Game-Design und Gamification weitergeben. Schließlich bauen wir eine interdisziplinäre Gaming- und Gamification-Community auf.
Die Teams mit denen wir arbeiten sind keine Game-Designer. Wir haben auch nicht das Ziel, kommerzielle Spiele zu entwickeln. Vielmehr haben wir es mit sehr heterogenen Teilnehmergruppen zu tun. So arbeiten wir z.B. mit Architekten, Studenten, Künstlern, Naturwissenschaftlern, Programmieren, Designern etc. zusammen. In der Regel sind die Teilnehmer zwischen 20 und 39 Jahre alt.
Das Projekt startete im Januar 2018 und wir sind immer noch in der ersten Workshop-Phase. Das bedeutet, wir reisen in die jeweiligen Länder und erarbeiten die Basis für die jeweiligen Spiele. Dabei werden wir von zwei äthiopischen Kollegen, Betlehem Anteneh und Dagmawi Bedilu begleitet. Bethlehem ist eine junge Architektin und Dagmawi ist ein Softwareentwickler. Beide haben ihre Jobs aufgegeben um Teil des Projektes zu sein und werden nun von uns parallel ausgebildet.
Auf die Workshops folgt eine Online-Phase, bei der Betlehem und Dagmawi die Teams online begleiten. In ein paar Monaten werden sie erneut in die Länder reisen und vor Ort die Spiele weiterentwickeln. So entstehen 15 local-based-games und damit 15 Perspektiven auf die Zukunft Afrikas. Parallel dazu findet im Oktober dieses Jahres ein großer „Mega-Game-Workshop“ in Addis Abeba statt, bei dem wir ein großes digital-analoges Afrika-Game entwickeln werden, welches überall auf der Welt gespielt werden kann und welches die Ideen und Visionen der 15 Länder beinhaltet.
Dieses Projekt ist einzigartig und ich freue mich sehr, diese Idee mit dem Goethe-Institut umsetzen zu dürfen. Wir lernen jeden Tag dazu und so langsam entwickelt sich eine Bewegung. Es gibt auch Rückschläge und gefährliche Situationen. Aber wir sind auf einem guten Weg.
Mittlerweile war ich auch in Ruanda, Tansania, Süd-Afrika und Namibia – ich werde noch darüber berichten. Im Moment sind wir im Senegal. Es ist die erste Station mit Dolmetscher. So langsam habe ich mich an die Abläufe und Besonderheiten des Projektes gewöhnt. Ein local-based-game zu entwickeln bedeutet vor allem, reale Räume und Inhalte in einen Spiele-Kontext zu transformieren. Das ist gar nicht so einfach. Natürlich nutzen auch wir die vorhandenen Game-Mechaniken aber auch diese müssen an den local-based-Ansatz angepasst werden. Zudem geht es um einen intensiven Austausch über die jeweiligen Zukunftsszenarien. Wir haben also zwei Gruppen – diejenigen, die das Spiel als Sprachrohr ihrer Zukunftsvision nutzen, und diejenigen, die das Spiel später spielen sollen.
Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, was hier in Afrika alles passiert. Das Level ist unglaublich hoch. Wir haben ein paar Regeln aufgestellt, um z.B. zu verhindern, dass Roman Rackwitz oder ich als Deutsche die Zukunft der teilnehmenden Länder definieren wollen. Deshalb halten wir uns aus allen inhaltlichen Diskussionen der Teilnehmer raus und moderieren diese nur. Das Kernteam – Betlehem, Dagmawi, Roman und ich sind in den letzten zwei Jahren zu einem festen Team zusammengewachsen und ebenso Freunde geworden. Und die einzelnen Goethe-Institute sind tolle Partner mit vielen Ideen und einem sehr starken Netzwerk.
Heute haben wir uns um den Einstieg in das Game-Design gekümmert. Wir haben kleine analoge Spiele gebaut und uns mit den wichtigsten Spielmechaniken vertraut gemacht. Es sind ein paar tolle Spiele entstanden und ein Spiel ist so gut, dass wir versuchen wollen es parallel weiter zu entwickeln. Es handelt sich um ein Spiel zum Lernen von Lesen und Schreiben – kombiniert mit anderen Schulfächern. Das Spiel kann auf jedes Thema und auf jede Altersklasse angepasst werden und als analoges Spiel benötigt es keinen Strom etc. Ich hoffe sehr, dass wir daran weiterarbeiten können. Dies ist nebenbei ein toller Nebeneffekt: ich lerne sehr viele spannende Menschen und noch mehr kreative Ideen kennen. Diese werden aber nicht gestohlen. Sollte das besagte Spiel entwickelt werden, geschieht meine Mitarbeit im Rahmen des Projektes „Enter Africa“ und die Rechte etc. bleiben zu 100% bei den Teilnehmern des Workshops.
Trotzdem habe ich nun die Situation, dass ich nun mehr als 1.000 kreative Menschen aus Afrika kenne und ich werde versuchen, dass ich mit Einigen in Europa, Afrika oder wo auch immer gemeinsame Projekte durchführen kann. Das Potential dieses Netzwerkes ist riesig – und ich habe mit diesen Menschen schon gearbeitet, ich kenne sie also.
Wir haben heute auch einen Einblick in das gesamte Projekt gegeben und die App. von Espoto ausprobiert. Nach dem Workshop haben wir wieder unser tägliches After-Workshop-Meeting, bei dem wir den Tag besprechen und neue Ideen sammeln. Übrigens werden wir wohl gemeinsam ein Buch über diese Zeit schreiben – wer also Kontakt zu einem spannenden Verlag hat, kann sich gerne bei mit melden.
Ich werde diese Woche weiter berichten und dann auch die Beiträge zu Ruanda, Tansania, Süd-Afrika und Namibia nachreichen.
Christoph Deeg