Brauchen wir noch Bibliotheken oder kann das alles Google?

Liebe Leser,

in den letzten Jahren habe ich eine große Zahl an Bibliotheken auf ihrem Weg in den digital-analogen Lebensraum begleitet. Ging es am Anfang noch um das Web 2.0 aka Social Media, geht es heute um die Entwicklung und Realisierung umfassender digital-analoger Bibliotheksstrategien. Dabei wird jeder Bereich der Bibliothek analysiert und weiter entwickelt. Social Media ist dabei nur ein kleiner Teil der Arbeit. Vielmehr geht es um neue Formen des Bestandsmanagements, die Entwicklung neuer und die Weiterentwicklung vorhandener Service-Angebote, die Umgestaltung des analogen Ortes der Bibliothek, neue Formen der Vernetzung (analog und digital), eine erweiterte Form der Organisationsentwicklung und viele weitere Punkte. Diese Arbeit gipfelt aktuell in der Tatsache, dass ich auch in die Gestaltung von Bibliotheksneubauten involviert bin.

Alle diese Punkte werden im Kontext der digital-analogen Transformationsprozesse bearbeitet. Dabei geht es nicht um ein Abschaffen des Buches oder einer zwanghaften Nutzung digitaler Technologien. Es geht vielmehr um einen Anpassungsprozess, der zum Ziel hat, mit der digital-analogen Lebensrealität möglichst vieler Bevölkerungsgruppen kompatibel zu sein. Im Bereich der Medien geht es z.B. um eine Neu-Orientierung, weg von der Medien- und hin zu einer Lösungsorientierung. Für viele Fragestellungen und Inhalte gibt es heute ein multioptionales Medienangebot. Das Buch ist nicht mehr automatisch bzw. immer die beste Plattform. In vielen Fällen gibt es andere Medien, die je nach Fragestellung und Mediennutzung des Kunden sinnvoller erscheinen. Dies negiert nicht die Besonderheit des Buches – es wertet das Buch vielmehr auf. Ich kann nun individuell und bewusst eine Entscheidung zur Nutzung eines Buches treffen.

Dies hat aber nicht nur Auswirkungen auf das Bestandsmanagement. Auch der Ort der Bibliothek verändert sich. Neue Angebote, die weniger den Bestand als vielmehr unterschiedliche Services in den Mittelpunkt stellen (Stichwort Makerspaces, Gaming-Learning-Areas etc.) und der massive Wandel auf Seiten der digital-analogen Medien (welche Halbwertzeit haben physische Datenträger wie DVD’s, CD’s, Games in Anbetracht von Streaming und Co.? – und welchen Sinn machen manche gedruckten Bücher wie z.B. Ratgeber in Zeiten von Youtube und Blogs?) bedeuten, dass sich der Ort der Bibliothek zukünftig noch viel mehr als sonst kontinuierlich anpassen muss. Und welche Mitarbeiter braucht die Bibliothek von Morgen? Wie sollten die Stellenbeschreibungen aussehen? Wie können diese Stellen eingruppiert werden?

Dies sind nur Ausschnitte eines komplexen Fragenkatalogs, der dann die Basis einer digital-analogen Bibliotheksstrategie bildet. Ziel ist nicht die Digitalisierung der Bibliothek als Selbstzweck. Es geht vielmehr darum, die Bibliothek zu einem zukunftsfähigen und kontextbezogenen Erfahrungsraum zu entwickeln. Dies beinhaltet auch Fragen zu Lern-Formen, Kompetenzforschung, Neuropsychologie etc.

Warum schreibe ich das? Egal wie ich mir die Bibliothek der Zukunft wünsche, die Bibliothek gehört Euch allen. Sie ist ein Ort, den Ihr frei gestalten und verändern könnt. Heute (03.04.3017) findet auf Twitter der erste „Bibchat“ statt. D.h. jeder Mensch ist eingeladen, auf twitter mit zu diskutieren und die Bibliothek der Zukunft zu gestalten. Es werden mit Sicherheit viele Bibliotheksmitarbeiter mitmachen, aber viel wichtiger sind die Bibliothekskunden und ebenso wichtig sind die Nicht-Kunden. ich möchte jedem empfehlen, sich an der Diskussion zu beteiligen. Twittert drauf los und nutzt den Hashtag #bibchatde – und wenn Ihr nicht auf Twitter aktiv seid, könnt Ihr die Diskussion zumindest verfolgen:-)

Beste Grüße

 

Christoph Deeg

 

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