Die Fehler bei der Nutzung von Gamification – einfach erklärt

Liebe Leser,

eines meiner Themen ist ja Gamification. Ich beschäftige mich schon sehr lange damit und bin sehr glücklich darüber, immer mehr Projekte in diesem Kontext umsetzen zu dürfen. Und obwohl das Thema schon länger diskutiert und umgesetzt wird, werde ich immer noch sehr oft gefragt, was man mit Gamification eigentlich meint und wo die Chancen und Grenzen liegen. In solchen Fällen habe ich früher des öfteren auf die klassischen Definitionen wie z.B. „Gamification bedeutet die Nutzung von Game-Mechaniken und -Modellen in Non-Game-Kontexten“ verwiesen. Und irgendwie hatte ich immer das Gefühl, ich lasse mein Gegenüber ratlos zurück. Natürlich gab sich mein Gesprächspartner nicht die Blöße, nochmals nachzufragen bzw. zu erwähnen, dass er meine Definition nicht verstanden hat. Und somit versandet das Gespräch.

Irgendwann habe ich dann nach Beispielen gesucht, anhand derer ich den Begriff besser erklären kann. Und vor ein paar Wochen kam mir eine etwas exotische Erklärung in den Sinn: Ich behaupte nämlich, dass der deutsche Komiker und Dichter Heinz Ehrhardt (er hatte noch viele weitere Talente) in seinem tiefsten Inneren ein Gamification-Experte war. Und an einem ganz bestimmten Gedicht möchte ich diese Theorie gerne beweisen:

Heinz Ehrhardt ist sicherlich den meisten Menschen in Deutschland bekannt. Er war eine der prägenden „komischen Figuren“ der Nachkriegszeit. Neben seinen Filmen sind mir vor allem seine Gedichte in Erinnerung geblieben. „Die Made“ oder „Ritter Fips“ und natürlich „König Erl“ waren zu meinen Schulzeiten viel spannender – und wurden freiwillig auswendig gelernt – als Schillers „Das Lied von der Glocke“ oder Goethes „Der Zauberlehring“ (beide Klassiker sind nebenbei bemerkt großartige Werke).

In einem weiteren Gedicht beschreibt er m.E. aber letztlich nichts anderes als einen Gamification-Prozess inkl. einem Hinweis, wie man es eben nicht machen sollte. Es handelt sich um das Gedicht:“Der Tauchenichts“. Das Gedicht ist nebenbei bemerkt eine Adaptionen des Gedichtes „Der Taucher“ von Schiller.

Die Geschichte beginnt mit einem König. Dieser wirft einen goldenen Becher in das Meer und ruft Ritter und Knappen auf, ihn wieder rauszuholen. Als Belohnung winkt die Hand der Königstochter. Der König definiert also eine Challenge bzw. ein Ziel und zeigt auch auf, was man dafür bekommen kann. Er ruft zudem Ritter und Knappen auf – das heißt er verzichtet darauf die klassischen Strukturen beizubehalten.

Entgegen der Planung des Königs wagt sich kein Ritter und kein Knappe in das kühle Nass, worauf der König die Belohnung erhöht:

„Wer es wagt – das erklär ich an Eides statt – darf küssen meines Töchterleins Mund, darf heiraten sie, darf mein Land verwalten, und den Becher darf er auch noch behalten“.

An sich klingt das erstmal spannend. Für das Lösen einer Aufgabe wird man reich beschenkt – also wo ist der Haken? Die Ritter und Knappen jedenfalls verschwinden, ohne die Aufgabe gelöst zu haben denn:“Sie wussten verlässlich, die Tochter ist grässlich“. Also egal welche Belohnung zur Diskussion stand, das Heiraten der Tochter war einfach zu unangenehm, als dass man sich darauf einlassen wollte.

Hier liegt der entscheidende Punkt. Obwohl der König die Challenge und die Belohnung klar beschrieben hatte, wollte keiner mitmachen – denn man kannte den negativen Aspekt des Spiels. Vergleichen wir diese Situation mit Unternehmen. Auch scheitern viele Gamification-Ansätze. Dies liegt aber weniger an den Ansätzen an sich, sondern viel mehr an der Tatsache, dass das Unternehmen keine Kompatibilität mit Gamification aufweist. Gamification ist keine Aufhübschzone oder Gute-Laune-Cocktail und es ersetzt auch kein schlechtes Management. Deshalb sollte man sich auch die Zeit für eine ausführliche Analyse der gesamten Unternehmenssituation nehmen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sinnlos Ressourcen verschleudert und zudem Mitarbeiter und/oder Kunden abgeschreckt werden – oder wie es in dem Gedicht von Heinz Erhardt am Schluss heißt:“Der Becher liegt immer noch unten…“

Beste Grüße

 

Christoph Deeg

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