digital-analoge Bibliotheksstrategien – erste Einblicke in ein großes Beratungsprojekt

Liebe Leser,

gestern war ich wieder in Ludwigshafen. Die dortige Bibliothek ist eine von aktuell drei Bibliotheken, die ich im Kontext einer digital-analogen Gesamtstrategie berate. Das bedeutet, wir entwickeln zusammen eine komplette Bibliotheksstrategie, inkl. aller analogen und digitalen Aktivitäten, Bestandsarbeit, Marketing, Organisationsentwicklung etc. Das alles macht sehr großen Spass und es ist ein sehr lebendiger und komplexer Prozess.

Neben der Stadtbibliothek in Ludwigshafen führe ich diesen Prozess auch mit den Bibliotheken in Dornbirn (Österreich) und Ingelheim durch. Für mich besonders spannend ist die Tatsache, dass diese drei Einrichtungen komplett neue Gebäude bekommen, an deren Einrichtung ich ebenfalls beteiligt bin.

Gestern ging es vor allem um die Vernetzung des analogen Raumes mit digitalen Aktivitäten. Hierfür ist zum einen eine sehr gute digitale Infrastruktur notwendig – was in den meisten Bibliotheken ein sehr großes Problem ist. Ein Großteil der Bibliotheken hat bis heute noch immer keinen freien Internetzugang. Von schnellen Internetzugängen ganz zu schweigen. Die Frage der Bandbreite wird oft noch belächelt.

Und mag man sich fragen: Warum sollen denn Bibliotheken Hochgeschwindigkeitsinternet bekommen? Basiert die Arbeit von Bibliotheken nicht auf dem Umgang mit dem gedruckten Buch? Ja und nein. Ja die Arbeit von Bibliotheken, genauer ihre Tradition basiert in der Tat auf dem gedruckten Buch. Und niemand hat vor, den Bibliotheken ihre Bücher weg zu nehmen. Jedoch erleben wir einen tiefgreifenden digitalen Transformationsprozess, der auch vor den Bibliotheken nicht Halt macht. Dabei geht es sowohl um Erweiterung analoger Angebote in den digitalen Raum als auch um die Entwicklung völlig neuer Services. Und natürlich bedeutet der digitale Raum auch eine Bühne bzw. eine einzigartige Kommunikationsplattform für Bibliotheken. Der digitale Transformationsprozess geht einher mit extrem kurzen Innovationszyklen, die ganze Medienformen in Frage stellen. Themen wie Smart-Places, Streaming und das Internet der Dinge sorgen zukünftig gerade in Bibliotheken für einen erhöhten Bedarf an schnellem Internet.

Aber der beste Internetzugang hilft nicht, wenn er nicht intensiv genutzt wird. Dafür wird zum einen sehr viel technisches Material benötigt. PC’s, Notebooks, Gaming-Konsolen, Smartphones, iPads etc. alle diese Dinge werden potentiell benötigt und sollten so ausgewählt werden, dass sie möglichst viele Nutzungsoptionen ermöglichen und zugleich nicht sofort veralten. Also wird für jede Einheit ein individuelles Portfolio an Nutzungsoptionen erstellt. Dabei werden auch Aktivitäten berücksichtigt, die im Moment noch nicht umgesetzt aber zukünftig gewünscht sind. Was PC’s bzw. Notebooks angeht, so werden hier in der Regel Gaming-Systeme eingeplant, da diese die besten technischen Eigenschaften haben. So ist Gaming in der Bibliothek nicht nur ein Angebot, sondern ebenso ein Innovations-Benchmark. Zum anderen wird die Bibliothek als Ort angedacht. An Regalen können digital-analoge Interventionen entstehen. Makerspaces, Aktivitheken und Gaming-Areas wollen geplant werden. Gleichzeitig werden Orte der Ruhe und des Lernens benötigt. Ein digital-analoger Erlebnisraum bedeutet nicht, dass man überall digitale Angebote hat. Es bedeutet, dass man sich darüber im Klaren ist, ob und wenn ja wie man digitale bzw. digital-analoge Angebote nutzt.

Es bedeutet aber auch, dass man sich über den Ort an sich Gedanken machen muss. Eine wichtige Fragestellung ist die der Akustik. In zunehmendem Maße finden in Bibliotheken Aktivitäten statt, die mit einem erhöhten Laustärkepegel einhergehen. Hier müssen Konzepte entwickelt werden, wie man alle Gruppen, inkl. der größten Gruppe der Nicht-Nutzer in die Bibliothek integrieren kann – wenn man es denn möchte.

Aber alle diese Planungen sind bedeutungslos, wenn man keine damit verbundenen Kontexte entwickelt. Trotz aller wichtigen und richtigen digital-analogen Planungen, die wichtigste Ressource sind die Mitarbeiter und Ihre Aktivitäten. Dies hat auch im Bereich der digital-analogen Bibliotheksstrategie eine besondere Bedeutung, denn es muss unbedingt verhindert werden, dass nur eine kleine Gruppe von Mitarbeitern mit den digitalen Angeboten umgehen kann. Daraus entsteht eine digital-analoge Weiterbildungsstrategie und ein mittel- bis langfristiger digital-analoger Stellenplan.

In den nächsten Wochen werde ich weiter von diesen drei Projekten berichten und das eine oder andere Thema vertiefen. Für alle mit diesen Fragestellungen verbundenen Blogbeiträge und alle weiteren verbundenen Aktivitäten im Social Web nutze ich ab jetzt den Hashtag #bibstrategie. Aber jetzt will ich erstmal ein paar Pokemon jagen…

 

Beste Grüße

 

Christoph Deeg

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