Gedanken zur Zukunft des Museums

Liebe Leser,

vor ein paar Wochen fragte Sebastian Hartmann auf seinem Blog alle Leser nach ihrer Vision für das Museum der Zukunft. Nun ist es so, dass ich besonders gerne Visionen entwickele. „Das Museum der Zukunft“ – das ist eine Einladung kreativ zu sein. Jenseits vorhandener Strukturen und Konventionen kann man Ideen entwickeln und diese mit anderen diskutieren. Insofern war es nur logisch, dass ich Sebastian via Twitter versprach, auf meinem Blog ebenfalls eine Vision zum Museum der Zukunft zu entwickeln. Eigentlich sollte dieser Beitrag schon lange fertig sein, aber eine Erkältung, die vielen Social-Media-Gaming-Barbecues und natürlich meine Arbeit als Berater und Trainer für Unternehmen und Kulturinstitutionen erlaubten es mir nicht, früher daran zu arbeiten.

In den letzten Monaten gab es immer wieder Projekte und Beiträge, die sich mit Zukunftsvisionen für Kulturinstitutionen beschäftigten. Ich selber arbeite zusammen mit Ulrike Schmid ebenfalls an der Entwicklung eines derartigen Projektes. Dabei soll es dann nicht nur um die Vision sondern auch um die Realisierung der Ideen gehen.

Visionen und Zukunftsszenarien sind eigentlich eine tolle Sache. Vor nicht allzu langer Zeit gab es z.B. eine Blogparade der Duisburger Philharmoniker (Ihr erinnert Euch noch an die Duisburger Philharmoniker?) zum Konzert der Zukunft. Auffallend ist dabei jedoch, dass der Aufforderung hier eigene Ideen zu entwickeln zumeist Berater oder freie Künstler aber nur sehr selten die Institutionen nachkommen. Das ist sehr schade und ich hoffe es wird in Zukunft mehr Institutionen geben, die eigene Visionen entwickeln bzw. zur Diskussion stellen.

Was also sollte man nun zum Museum der Zukunft schreiben? Eigentlich kommen mir dort sehr viele Ideen. So könnte ich über die Idee schreiben, dass Kunstwerke in den Museen über die Besucher twittern – diese Idee habe ich zusammen mit Simon Frank via Twitter entwickelt. Oder ich könnte auf die vielen Möglichkeiten eingehen, die sich durch die Nutzung von Gaming-Elementen ergeben. Ich könnte auch über neue Inhalte schreiben – siehe das Computerspielemuseum in Berlin.

Ich möchte dieses mal aber einen ganz anderen Weg einschlagen. Es reicht m.E. nicht aus, zu überlegen, wie Kulturvermittlung oder Kulturmarketing in der Zukunft aussehen könnte. Sicher, wir können viele spannende Projekte beschreiben aber was ist mit dem Museum als Struktur, als System, als Idee? Welche der von mir und anderen entwickelten Ideen und Konzepte lassen sich in der Breite umsetzen? Und was muss heute dafür getan werden, damit es ein Museum der Zukunft überhaupt geben kann? Deshalb schreibe ich in diesem Beitrag nicht über Projekte, sondern über zukünftige neue Strukturen, Arbeits- und Denkweisen sowie ein neues Selbstverständnis bzw. eine neue Identität. Ich schreibe dies auf Basis meiner Erfahrungen. Bei einigen Museen mag es vorkommen, dass Elemente der Aufzählung schon umgesetzt worden sind – das wäre toll. Mir geht aber nicht um die Leuchtturmprojekte – so toll sie sind – sondern um die vielen Museen in der Breite. Und mir ist absolut klar, dass nicht jedes Museum die digitale Welt gestalten wird…

  • Im Museum der Zukunft hat jeder Mitarbeiter die Möglichkeit jederzeit frei ins Internet zu gehen.
  • Im Museum der Zukunft darf jeder Mitarbeiter als Browser Firefox benutzen – und selber alle möglichen Add-Ons installieren
  • Das Museum der Zukunft darf jede Onlineplattform nutzen, die es für wichtig hält – ohne vorher einen Antrag stellen zu müssen
  • Das Museum der Zukunft ist nicht an eine städtische IT angeschlossen
  • Das Museum der Zukunft hat verstanden, dass es keine Trennung zwischen virtueller und realer Welt gibt, sondern das beides zur Lebensrealität einer immer größeren Gruppe von Menschen gehört
  • Das Museum der Zukunft hat verstanden, dass es nicht mehr um Deutungshoheit sondern um einen Dialog auf Augenhöhe geht.
  • Das Museum der Zukunft arbeitet intensiv mit anderen Kulturinstitutionen zusammen
  • Das Museum der Zukunft bietet kostenloses WLAN für alle Besucher an
  • Das Museum der Zukunft stellt keine neuen Mitarbeiter ein, die nicht fundierte Kenntnisse in Bereichen wie z.B. Social-Media oder Management haben
  • Im Museum der Zukunft ist Innovationsmanagement eine wichtige Aufgabe
  • Das Museum der Zukunft ist eine der Institutionen, die neue Technologien als erstes ausprobieren und auf Basis eigener Erfahrungen überlegen, ob man damit arbeiten möchte oder nicht
  • Das Museum der Zukunft versteht sich als Teil einer großen Community. Das bedeutet z.B. dass alle Museen sich gegenseitig bei technischen Problemen z.B. bei der Nutzung von Facebook helfen. Hierfür wird ein bundesweit offener Wiki eingerichtet – vergleichbar mit der Biblioadmin-Gruppe bei Facebook. Das Museum der Zukunft setzt alle seine Social-Media-Aktivitäten selbst um. Jede neue Erkenntnis, jede neue Erfahrung wird allen anderen Museen bzw. allen anderen Kulturinstitutionen im Rahmen des benannten Wikis kostenlos zur Verfügung gestellt
  • Das Museum der Zukunft achtet nicht auf Rankings, bei denen der jeweilige Platz durch die Anzahl der Follower oder Fans und die Anzahl der Kommentare definiert wird. Um sich einen Überblick über andere im Internet aktive Museen zu verschaffen gibt es eine Seite im beschriebenen Wiki. Es geht um Qualität und nicht um Quantität – vergesst die Rankings!
  • Das Museum der Zukunft versteht sich als offene, kooperative, interaktive Plattform
  • Das Museum der Zukunft ist als Ort ein wesentliches Merkmal einer modernen Stadt
  • Das Museum der Zukunft entwickelt und gestaltet die reale und die virtuelle Welt
  • Das Museum der Zukunft hat verstanden, dass die virtuelle Welt die natürliche Erweiterung des Museums ist
  • Das Museum der Zukunft hat verstanden, dass das Internet menschlich ist
  • Das Museum der Zukunft schafft Räume für die Menschen, die mit der digitalen Welt nichts anfangen können
  • Das Museum der Zukunft ist ein Ort der Kommunikation – real und virtuell
  • Die Mitarbeiter des Museums der Zukunft besuchen alle mind. alle 3 Jahre die Gamescom
  • Das Museum der Zukunft akzeptiert, dass es Menschen gibt, die mit der digitalen Welt nichts anfangen können und sperrt diese in seinen Aktivitäten nicht aus
  • Das Museum der Zukunft achtet das Urheberrecht und den Schutz der Privatsphäre aller Personen, mit denen das Museum zu tun hat
  • Das Museum der Zukunft hat verstanden, dass Gaming und Social-Media neue Kulturformen sind. Beide Bereiche stehen für neue Management- und Vermittlungsmodelle. Das Museum der Zukunft entwickelt sich auf Basis dieser Modelle stetig weiter. Es entstehen völlig neue Denk- und Arbeitsweisen
  • Das Museum der Zukunft nutzt keine Technologie, nur weil es eine neue Technologie ist. Es geht dem Museum der Zukunft immer darum, durch die Nutzung moderner Technologien echte Mehrwerte für die Kunden zu entwickeln
  • Das Museum der Zukunft hat seine interne Kommunikation auf Wikis und interne Blogs umgestellt
  • Das Museum der Zukunft ist der Innovationsträger der jeweiligen Stadt
  • Das Museum der Zukunft macht Spass:-)

Bleibt natürlich die Frage: wie seht Ihr das? Kennt Ihr Museen die das alles schon umsetzen?

Beste Grüße

Christoph Deeg

5 thoughts on “Gedanken zur Zukunft des Museums

Schreibe einen Kommentar zu Ulrike Schmid Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich stimme der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten nach der EU-DSGVO zu und akzeptiere die Datenschutzbedingungen.