03.03.2025
Liebe Leser*innen,
es ist Montag und es ist Faschingswoche. Meine Tochter hat Schulferien. Sie hat sich entschieden, die Woche im Hort zu verbringen. Wir haben trotzdem ein bisschen Programm für die Nachmittage geplant, und am kommenden Wochenende wollen wir eine kleine Städtereise durchführen. Ich habe also Zeit. Und die Anzahl der Videokonferenzen und Meetings ist in dieser Woche sehr gering.
Ich brauche diese Zeit, denn es gibt ein neues Projekt, mit dem ich mich beschäftige. Die Entwicklung und Gestaltung eines neuen Bildungs- und Kulturraumes. Nachdem ich in den letzten Jahren verschiedene Projekte, primär bei der Weiterentwicklung oder auch Neuentwicklung von Bibliotheken, aber auch im Kontext von Konzerthäusern oder Bankfilialen umgesetzt habe, geht es nun, ähnlich dem Haus des Wissens in Bochum, um ein vergleichbares Projekt im Ausland.
Es muss eine Idee her, ein Konzept. Und ich muss mich in diesen Raum, in die Menschen, die dort leben, hineindenken. Es soll etwas besonderes entstehen, es werden viele verschiedene Kooperationspartner vorhanden sein. Die Institution hat sich in den letzten Jahren sehr weit entwickelt. Und nun soll alles noch größer werden, soll die Wirkung erweitert und ein multioptionaler Raum entstehen.
Ich liebe diese Arbeit sehr. Und ich liebe vor allen Dingen in diesem Moment, wenn noch alles offen ist. Wenn es darum geht, Ideen und Optionen zu definieren. Ja, jetzt gerade entwickle ich digital-analoge Optionsräume. Ich gebe nicht vor, was dieser Ort in Zukunft sein wird, wie er wahrgenommen werden wird und wie die damit verbundenen Strategien auszusehen haben. Ich gebe Input, versorge mit Ideen und einem kritischen Blick auf das, was schon angedacht wurde.
Dafür werde ich in dieser Woche vor allen Dingen eines tun: recherchieren. Ich habe bereits eine riesige Menge an Daten und Dokumenten zugeschickt bekommen. Und nun geht es darum, dass alles im Detail zu verstehen. In einem nächsten Schritt versuche ich, die besagten Optionsräume zu definieren. Dabei handelt es sich nicht um die Kopie dessen, was ich schon an anderen Orten entwickelt habe. Es geht immer um einen komplett neuen Ansatz, etwas, was auf diesen Ort und seine Menschen passt. Sind die Optionsräume definiert? Dann überlege ich mir in einem zweiten Schritt, welche Kernfunktionen berücksichtigt werden müssen, damit diese Optionsräume entstehen können, und damit diese dann von den Menschen, die in dieser Institution arbeiten, gefüllt werden können.
Diese Übersetzungsleistung ist wichtig, denn nur dann wissen wir, was wir benötigen. Die Menge an Daten, die Ideen und Konzepte müssen später in ein Format übertragen werden, mit dem man an die konkrete Planung des Gebäudes, aber auch an die strategische Weiterentwicklung der Institution gehen kann. Anders ausgedrückt: es entsteht die Basis für eine umfassende Planung und Entwicklung für eine Institution der Zukunft. Später können dann TGA-Planer, Medienplaner, Architekten, Innenarchitekten und viele weitere Gruppen diese Daten nutzen, um sie in einen konkreten Ort umzuwandeln. Und auch dabei werde ich sie begleiten.
Als ich vor ein paar Jahren gebeten wurde, die Stadtbibliothek in Ludwigshafen mitzuentwickeln, ging es zuerst um eine Strategieberatung. Im Laufe des Prozesses wurde dann auch das Thema Gebäude und seine Funktionen relevant. Was damals noch als einmalige Aktivität gedacht war, hat sich im Laufe der Jahre zu einem sehr spannenden Aufgabenfeld entwickelt. Nachdem ich das Ganze zuerst in Bibliotheken umgesetzt habe, kamen dann weitere Orte hinzu, beispielsweise Bankfilialen oder Konzerthäuser. Und schließlich ging es irgendwann darum, neue Orte zu denken, bei denen verschiedene Institutionen in einem Ort zusammenkommen. Diesem Moment ging es nicht mehr, nur darum, eine einzelne Institution weiter zu entwickeln. Durch den neuen Raum, den neuen Ort entsteht ein Optionsraum, eine Möglichkeit für völlig neue Synergieeffekte.
Auf dieser Ebene entstehen multidimensionale Fragestellungen, und es entstehen Entwicklungsprozesse, die viel flexibler sind als das, was wir in früheren Zeiten erlebt haben. Im Laufe dieser Arbeit habe ich viel mit Architekten, Innenarchitekten und Planungsbüros gearbeitet und ich habe Wege gefunden, all diese Fragestellungen so zu übersetzen, dass diese Gruppen damit weiter arbeiten können. Zudem habe ich unterschiedliche Herangehensweisen ausprobiert, die helfen sollen, die jeweils daran beteiligten Personengruppen in den Entwicklungsprozess zu integrieren. Dazu gehören auch partizipative Entwicklungs-Workshops und Fragestellungen wie die strategischen Konsequenzen, beispielsweise für den Betrieb dieses neuen Ortes.
Es ist eine sehr spannende Aufgabe und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich dies in den nächsten Jahren noch öfter umsetzen darf. Das aktuelle Projekt steckt noch in den Kinderschuhen und vor ein paar Tagen bekam ich aus Deutschland eine weitere Anfrage für einen ähnlichen Prozess. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Ganze weiter entwickeln wird.
Herzliche Grüße, Christoph Deeg