Liebe Leser*innen,
es ist Zeit für einen neuen Freitagsrückblick. Diese Woche war geprägt durch die Arbeit im Homeoffice. Das Projekt „Haus des Wissens“ in Bochum bildete den Kern meiner Aktivitäten. Zudem arbeite ich im Moment intensiv an neuen Ansätzen für Prüfungen (Internal Audit) im Kontext des Themas Digitalisierung u.a. für Banken. Es war eine Arbeit voller konzeptioneller Fragestellungen und ich habe sehr viele neue Ansätze entwickelt. Was mir immer wieder auffällt ist, wie wichtig es ist, nicht zu versuchen, komplexe Modelle und Ideen zu simplifizieren, sondern ihre Komplexität anzunehmen und damit zu arbeiten.
Was mich besonders gefreut hat war die Tatsache, dass es zum Ende der Woche gleiche drei neue Anfragen für spannende Projekte gab. In allen Fällen ging es um die Verbindung von Gamification mit Fragen der Digitalen Transformation. In der nächsten Woche werde ich hierzu einige Gespräche führen und ich hoffe sehr, dass ich diese Projekte umsetzen darf.
Lessons Learned:
Auch heute habe ich wieder einen Gedanken bzw. einer Erkenntnis für euch: Wir müssen uns mehr mit den Transformation-Heinzelmännchen beschäftigen. Nahezu alle Organisationen stehen vor großen Herausforderungen. Klimawandel, fehlende Migration, Demographie etc. sorgen für einen stetigen Veränderungsdruck. Digitalisierung ist dabei zum einen eine technologische, funktionale und kulturelle Herausforderung, sie ist aber auch ein sehr mächtiges Werkzeug für die Bewältigung der vielen anderen Herausforderungen. Organisationen sollen/wollen immer mehr neue digitale Themen, Technologien und Angebote nutzen und in das Tagesgeschäft integrieren. Aber wer kann das umsetzen und vor allem wie?
Wann immer ich mit Transformationsprojekten in Organisationen beginne, werden mir alle die vielen digital-analogen Erfolge der letzten Jahre präsentiert. Und es stimmt: nahezu alle Organisationen haben sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, es wurden neue Prozesse definiert, neue Arbeitsräume geschaffen und neue digitale und hybride Anwendungen eingeführt. Die Frage ist aber: wie wurde das erreicht? Basiert das Erreichte auf nachhaltigen Strukturen und Prozessen? Vielleicht waren es auch die Transformation-Heinzelmännchen. Damit sind die Personen gemeint, die innerhalb einer Organisation, zumeist mit hoher Affinität, Neugierde und Motivation die vielen Projekte umsetzen. An sich ist das nichts negatives: jede Organisation braucht Menschen, die sich als Erste neuen Themen öffnen, die Risiken eingehen und etwas ausprobieren wollen. Das Problem entsteht aber dann, wenn sich die ganze Organisation auf dieser Gruppe ausruht, wenn „die Anderen“ sich kontinuierlich zurückhalten. Dann entsteht auf der Ebene der digitalen Angebote und Prozesse ein positives Ergebnis, der Erfolg basiert aber nur auf der Arbeit weniger, ist somit nicht nachhaltig und umfassend. Zudem ist die Organisation zunehmend abhängig von dieser kleinen Gruppe und die jeweiligen Prozesse und Projekte werden Satelliten ohne wirklichen Impact auf das Gesamtsystem. Digitale Transformation ist aber keine Projektarbeit. Digitale Transformation ist eine Querschnittsfunktion, eine Führungsaufgabe und muss von der gesamten Organisation getragen werden. Denn was passiert, wenn die Transformations-Heinzelmännchhen die Organisation verlassen? Wie möchte man sie nachhaltig motivieren und entwickeln, wenn ihre Arbeit kaum Wirkung erzeugt?
Die Anzahl erfolgreich entwickelter und umgesetzter digital-analoger Prozesse sagt an sich nichts über die Transformationsfähigkeit einer Organisation aus. Wenn beispielsweise analoge Prozesse in ein digitales Format übertragen werden, dabei aber die Logiken des Analogen beibehalten werden, nutze ich nicht den Optionsraum, der sich durch diese Digitalisierung ergibt. Somit wäre es in manchen Fällen nachhaltiger und innovativer, die Anzahl der digital-analogen Projekte und Prozesse zu reduzieren, und dann dafür zu sorgen, dass die Organisation an sich transformationsfähig ist.
Beste Grüße und ein schönes Wochenende
Christoph Deeg