Liebe Leser*innen,
es ist Zeit für den Freitags-Rückblick inkl. einem „Lessons Learned“. Es war eine sehr spannende Woche. Die Suche nach neuen Team-Mitgliedern für das neue Geschäftsfeld der SBD Genossenschaft/Bern lief erfolgreich. Bei der Entwicklung der neuen Digital-Strategie für die Sparkasse Markgräflerland haben wir einen wichtigen Meilenstein umgesetzt. Und der Workshop zu Gaming und Gamification in der Bibliotheksarbeit an der FU Berlin ist ebenfalls erfolgreich verlaufen. Die Woche ist noch nicht zu Ende. Heute stehen zwei weitere Videokonferenzen auf dem Programm: ein Meeting zur Entwicklung eines virtuellen Standorts einer großen Stiftung und ein Zwischenstand zu einer Social-Media-Prüfung einer Bank, bei der ich das Internal Audit berate und begleite. Wir haben hier viele Informationen und Daten sammeln können und müssen diese nun analysieren und bewerten. Und gestern traf ich – endlich – Heidi Storandt. Sie arbeitet für das Goethe Institut in Süd-Korea. Kurz vor der Pandemie haben wir angefangen, an dem Projekt „Gemeinsam für die Zukunft“ zu arbeiten. Durch die Pandemie mussten wir das Projekt komplett umbauen und ein reines digitales Konzept entwickeln. Wir hatten ein spannendes und internationales Team und haben drei Jahre lang junge Menschen dazu animiert, in ihrem persönlichen Umfeld an Zukunftsprojekten im Kontext der Nachhaltigkeit zu arbeiten. Heidi und ich sind seitdem freundschaftlich verbunden, es war eine rein digitale Bekanntschaft. Aber gestern war es soweit: wir haben und real in Nürnberg getroffen. Es war ein toller Moment und wir hatten uns viel zu erzählen. Wir werden das wiederholen:-)
Aber ich habe natürlich auch ein „Lessons Learned“ für Euch: Zugegeben, es ist eine Erkenntnis, die nicht neu ist, die mich aber immer wieder beschäftigt: bei Themen wie Digitalisierung, Transformation und Nachhaltigkeit wird sich zumeist auf einzelne Projekte fokussiert, aber nicht auf das Schaffen der Rahmenbedingungen. Es geht immer um irgendwelche Aktivitäten und den Versuch, auch solche Themen noch „irgendwie“ umzusetzen. Meistens werden diese Projekte von einzelnen Personen getragen, aber nicht von der ganzen Organisation. Und zu oft will man Thema XY eben auch noch umsetzen, weil doch die ganze Welt davon spricht etc. Ich kann das verstehen, aber es ist der falsche Ansatz. In fast allen Organisationen, mit denen ich zusammenarbeite fehlt ein tragfähiges Fundament um Entwicklungs- und Transformationsprozesse erfolgreich umsetzen zu können. Dies birgt viele Risiken:
- Die jeweiligen Projekte können sich nicht entfalten, da sie nur von einer kleinen Gruppe an Mitarbeiter*innen getragen bzw. umgesetzt werden.
- Eine Implementierung in die gesamte Organisation kann nicht stattfinden, da das Projekt nicht „anschlussfähig“ ist.
- Die Mitarbeiter*innen der Organisation können kein hilfreiches Feedback geben, da sie das Thema in verstehen und/oder schlichtweg keine Zeit für eine Beschäftigung damit haben.
- Eine Umsetzung findet nur auf der Ebene eines operativen Prozesses mit dem Fokus auf digitale Technologien statt. Die Perspektive der damit verbundenen Funktionen und die kulturellen Aspekte/Auswirkungen/Bedarfe wird nicht berücksichtigt.
- Die Organisation kann nicht gegen die mit dem digitalen Thema verbundenen Risiken geschützt werden, da seine – möglichen – Auswirkungen nicht wahrgenommen werden.
- Die Mitarbeiter*innen, die an dem Projekt arbeiten, sind zunehmend demotiviert, da sie nur einen Satelliten erstellen und keine Wirkung im und Unterstützung durch das System erfahren.
Ich möchte das – im Rahmen meiner Möglichkeiten – ändern. Ich überlege, ob ich in Zukunft bei meinen Beratungsprojekten immer zuerst einen kleinen Workshop durchführe, bei dem wir gemeinsam herausfinden, ob Projekt XY überhaupt umfassend und nachhaltig umsetzbar ist. Hierfür werde ich ein kleines Konzept entwickeln und hier veröffentlichen, um Euer Feedback zu bekommen. Mir ist allerdings bewusst, dass diese Idee ein gewisses Risiko birgt: wenn eine Gruppen von Menschen hochmotiviert an einem Projekt arbeiten möchte, kann ein solcher Ansatz die Dynamik ausbremsen und daraus resultierend dafür sorgen, dass der eigentliche Auftrag, bzw. das eigentliche Projekt nicht mit mir umgesetzt wird. Auf der anderen Seite sollte aus meiner Sicht dieses kleine Investment eingegangen bzw. das Risiko getragen werden, denn ansonsten besteht das Risiko, dass die digital-analogen Aktivität eine Organisation nicht nachhaltig sind. Man könnte so einen Workshop auch nach einer ersten Innovationsphase durchführen, bei ein kleines Team die ersten Gedanken und Modelle entwickelt.
Herzliche Grüße
Christoph Deeg