Liebe Leser,
nein jetzt kommt keine Homestory oder ähnliches und ich gebe nun auch keinen tiefen Einblick in mein Privatleben. Aber ich sitze gerade im Zug nach Berlin und eigentlich müsste ich Projekte planen, Angebote schreiben und Mails beantworten. Aber ich bin irgendwie zu müde. Es ist eine wilde Woche und ich wandere zwischen den Themenwelten und Aufgaben. Am letzten Wochenende habe ich einen Workshop zur Anwendung von Gamification in der Museumspädagogik an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel durchgeführt. Dann ging es nach Herne, wo ich mit meiner Kollegin Nicole Scheda eine Bibliothek im Kontext der kulturellen Bildung berate. Dann habe ich mich um die Vorbereitung eines Projektes zur digitalen Transformation einer Bank gekümmert, ehe es dann nach Bochum ging, wo ich mittels Gamification und Game-Thinking an der Entwicklung eines Konzeptes für das „Haus des Wissens“ mitarbeite – ich bin dort Teil eines internationalen und interdisziplinären Berater-Teams und mein Fokus liegt hier auf der Gebäudeentwicklung au Sicht der Digitalisierung wobei ich Gamification und Game-Thinking als Methode nutze. Dann war ich heute in Düsseldorf und habe einen Vortrag zu digitalen Risiken, Wirtschaftskriminalität und Revisionsstrategien gehalten. Morgen dann ein Workshop an der FU Berlin zu Archiven im Informationszeitalter.
Es ist also eine wilde Reise und ohne meine Jazz-Musik würde ich es nicht schaffen. Gewiss, für mich ist das alles thematisch nur ein Kernthema. Das bedeutet, es geht immer um Formen von Transformationsprozessen. Und doch brauche ich noch etwas, was alle diese Aktivitäten als Funktion verbindet. Bei mir ist es der Jazz. Ich habe eine stetig wachsende Sammlung – Vinyl und MP3 – und diese Musik beruhigt und inspiriert mich zugleich. Das Hören dieser Musik, diese speziellen Momente, dies alles gehört zu meiner Identität.
Gerade in dieser Woche ging es in den Workshops und Meetings immer um die Frage der Identität im Kontext des Wandels. Und mir ist aufgefallen, dass diese Identität sehr oft als Model des Stillstands definiert wird. Identität soll etwas Festes sein. Man möchte sich darauf zurückziehen können. Aber ich glaube, dass dies ein Trugschluss ist. Gewiss, es mag eine Art Identitäts-Kern geben. Aber ansonsten muss m.E. Identität täglich neu definiert und neu erlebt und probiert werden. Identität ist also auch ein Prozess.
Im Kontext der digitalen Transformation wird oft von Identitätsverlust gesprochen. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Bild wirklich funktioniert. Meine Identität hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Meine Frau, meine Tochter, meine Projekte, meine Reisen, all das verändert mich bzw. ich lasse zu, dass mich all das verändert. Ich muss offen sein – ansonsten könnte ich diese Form von Beratung gar nicht machen. Ich erlebe das alles als kontinuierliche Bereicherung meines Lebens. Ich entdecke jede Woche neue Facetten an meinen Projekten und auch an mir. Diese Eindrücke formen mich und trotzdem brauche auch ich Elemente, die fest sind.
Nun ist im Jazz kein Stillstand zu finden. Jazz ist eine universelle Sprache und für mich die höchst aller Musikformen. Jazz ist pures Leben, pure Energie. Und so nehme ich mir diese kleinen Momente, bei denen der Jazz zu mir spricht – immer wieder überraschend…
Beste Grüße
Christoph Deeg