Liebe Leser,
es ist Zeit für ein weiteres Update aus meinem großen Afrika-Abenteuer. Im Moment reise ich für das Goethe-Institut durch Afrika, um durch Gaming und Gamification neue Formen der Stadtentwicklung auszuprobieren . Das Projekt heißt „Enter Afrika“. Im Moment befinde ich mich in Addis Abeba. Die Stadt befindet sich in einem riesigen Veränderungsprozess. Sie gehört zu einer der Städte , die sich in den nächsten Jahren zu einer der neuen „Mega Cities“ entwickeln wird.
Die anstehenden Veränderungen sind riesig. Und sie gehen einher mit einem tiefgreifenden Wandel in dieser Gesellschaft. Es ist eine extrem junge Gesellschaft. Und sie macht gerade einen unglaublichen Sprung in die Moderne. Die Dynamiken, die man hier beobachten kann, lassen einen manchmal sprachlos zurück. Ich bin sehr glücklich, einen Teil dieses Prozesses erleben zu dürfen.
Gestern hatten wir den zweiten Workshop-Tag. An diesem zweiten Tag haben wir sehr viel neue Dinge ausprobiert.
In den letzten Projekten habe ich festgestellt, dass es immer noch ein Problem ist, reale Inhalte in ein local-based-game zu transformieren. Früher oder später wird die Aufgabe einfach zu abstrakt. Gerade für Menschen, die sich zum ersten Mal mit dem Design eines Spiels beschäftigen, ist dies eine große Aufgabe. Also habe ich versucht, den Workshop aus Sicht eines Spielers zu entwickeln .
So wie ich im Spieldesign versuche, die einzelnen Aktivitäten bzw. Mechaniken in sehr kleine Pattern zu übersetzen, habe ich auch versucht den Workshop zu gestalten. Was wir auf keinen Fall haben wollen, ist eines dieser langweiligen Lernspiele, in denen reale Fragestellungen z.B. zu bestimmten ökologischen Fragen, gestellt werden und dann einfach beantwortet werden müssen. Dies bedeutet nämlich immer, dass man eine Belohnung bekommt, wenn man sich im Spiel vermeintlich ökologisch verhält. Und damit habe ich keine Spielerfahrung, sondern einfach nur ein langweiliges Lernprogramm.
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, über das Spiel einen Bezug zu Lebensrealität der Spieler herzustellen. Aber wie kann man dieses Ziel erreichen?
Was wir gemacht haben ist folgendes: Zuerst haben wir zusammen mit den Teilnehmern überlegt, was wirklich die Probleme sind. Wir haben uns die Frage gestellt, warum eigentlich ein Stau ein Problem ist? Denn für eine Katze oder für einen Vogel ist ein Stau überhaupt kein Problem. Dann haben wir analysiert aus welchen Elementen das Problem besteht. So gibt es durch einen Stau einen Zeitverlust, dreckige Luft, Aggression etc. Daran anschließend haben wir versucht, zu überlegen, wie man eines dieser Elemente darstellen kann. Mit darstellen war gemeint, dass wir im analogen Raum versuchen, einen Weg zu finden das Problem zu abstrahieren. Dabei entstanden kleine Szenen bzw. szenische Darstellungen. Im nächsten Schritt haben wir die Teilnehmer gebeten, jeweils einen der anderen Teilnehmer so in die Szene zu integrieren, dass daraus ein interaktiver Prozess entsteht.
Dies alles fand noch immer im analogen Raum und ohne die App. statt. Nachdem wir diesen Schritt gegangen waren, haben wir uns nun die App. vorgenommen und Sie als neuen Raum definiert. So wie wir vorher im analogen Raum versucht haben, ein Problem darzustellen bzw. erfahrbar zu machen, haben wir nun die App. als einen neuen Erfahrungsraum genutzt. Somit entstanden die ersten abstrakten Ideen. Denn in einem Spiel geht es nicht darum, einfach ein reales Problem in ein digitales Spiel zu kopieren. Es geht vielmehr darum, die Erfahrung die sich aus einer einzelnen Problemstellung ergibt, in ein Spielmodell zu übertragen.
Auf diese Art und Weise wird beim Spieler später kein Fachwissen hinsichtlich der Problemstellung benötigt. Es geht erstmal nur darum die mit der Problemstellung verbundene Erfahrung zu haben. Daran kann dann die reale Thematik angedockt werden.
Ich hoffe sehr, dass ich Euch den Prozess verständlich erklärt habe. Wenn ich wieder etwas Zeit habe, werde ich an einem Beispiel den gesamten Prozess beschreiben – das kann aber noch einige Wochen dauern.
Soweit erstmal aus Addis Abeba – noch ein sehr wichtiger Punkt:
Bitte bitte stellt Fragen, wenn ihr welche habt . Und noch wichtiger ist: Bitte redet über dieses Projekt. Wir brauchen unbedingt eure Hilfe. Wir müssen die Menschen auf dieses Projekt aufmerksam machen. Dabei geht es nicht um mich, sondern darum, dass wir die Menschen, die hier in Afrika dieses Projekt weiter bearbeiten werden, unterstützen. Und wir müssen überlegen, wie wir diese Ansätze in unsere Prozesse bzw. unsere Städte übertragen können.
Beste Grüße
Christoph Deeg