Liebe Leser,
nun sind seit meinem letzten Post wieder ein paar Tage vergangen. Ich bin im Moment 7 Tage in der Woche am arbeiten – ein heftiger Marathon. Es macht großen Spass aber es kostet auch extrem viel Kraft. Zudem habe ich mir ein Trainingsprogramm auferlegt. Jeden zweiten Tag laufe ich 5 Kilometer. Bis war ich damit sehr erfolgreich, soll heißen: es hat bis auf eine Ausnahme immer geklappt. Ich habe mir ein bisschen Equipment zugelegt. Das war nicht billig aber es motiviert zusätzlich. Genauer gesagt erschaffe ich eine erweiterte Lebensrealität. Das Laufen ist nicht nur eine notwendige Aktivität, sondern ich habe es an andere Aktivitäten von mir gekoppelt. Ich habe mir spezielle Kleidung gekauft, eine Smartwatch, sehr gute Schuhe, einen MP3-Player und sehr coole Kopfhörer. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ist das total übertrieben. Denn ich könnte auch ohne diese ganzen Dinge laufen – nur gute Schuhe sind wichtig. Und doch habe ich alle diese Dinge gekauft. Dadurch wird das Thema Laufen zu einem Querschnittsthema für mich. Die Smartwatch trage ich außerhalb des Laufens, ich schaue mir immer wieder die Daten der zurückliegenden Strecken an, ich teile die Daten auf Facebook etc. Auch dies muss man nicht machen, aber wenn wir genau hinsehen, dann erleben wir überall um uns herum, wie Menschen sich individuelle Lebensrealitäten erstellen.
Aus der Sicht von Gamification ist dies ein wichtiger Punkt. Gamification bedeutet nämlich letztlich, dass ich einen spielerischen Erfahrungsraum gestalte, der die Möglichkeit der Beschäftigung mit unterschiedlichen Kontexten bietet. Es geht also nicht um Punkte und Badges und auch nicht um einen Output-Fetisch, denn ich kann Spielen und Lernen nicht planen – ich nur Rahmenbedingungen schaffen in denen solche Prozesse gefördert werden.
Kommen wir aber nun zur letzten Woche. Am letzten Sonntag und Montag habe ich weitere Strategie-Workshops mit der Stadtbibliothek Dornbirn durchgeführt. Hier kommen wir so langsam zum Ende der Entwicklungsphase der digital-analogen Bibliotheksstrategie. Am Montagabend habe ich mich mit Michele Salvatore in Basel getroffen. Mit ihm werde ich viele spannende Projekte im Kontext von Gaming, Soziokultur und Kulturvermittlung umsetzen. Am Dienstag war ich in Zürich zu einem Meeting mit einem schweizer Unternehmen, welches ein paar sehr interessante Projekte im Bereich Gamification umsetzen möchte. Von da ging es nach München, denn am Mittwoch und Donnerstag habe ich in München und Nürnberg Beratungs-Workshops zu digital-analogen Bibliotheksstrategien durchgeführt. Am Freitag ging es dann nach Kasachstan. Hier entwickelte ich in den letzten 12 Monaten zusammen mit der Pausanio GmbH ein local-based-game für das dortige Goethe-Institut. Ich war dabei für das komplette Game-Design, die Game-Story und die Implementierung vor Ort zuständig. Das Projekt ist so gut wie abgeschlossen. Die App ist fertig und bald im Store und es ging jetzt um Workshops für das Goethe-Institut, damit man dieses Know How dann an andere Kooperationspartner und Projekte weitergeben kann.
Das System ist so gebaut, dass nun von Seiten des Goethe-Instituts eigenständig Inhalte eingepflegt werden können. Aber wie macht man das? Dabei geht es weniger um die technischen Abläufe als um die Inhalte, denn bis jetzt habe ich die Story und das Game-Play entwickelt. Ich hatte vor 1,5 Jahren im Rahmen eines anderen Projektes ein paar Ideen für Workshopkonzepte entwickelt und konnte nun eine Idee davon in Kasachstan umsetzen. Die einzelnen Schritte zur Erstellung von Orten wurden in ein Kartenspiel übertragen und man kann nun Schritt für Schritt daran arbeiten. Dieses Konzept ist für das Spiel angepasst und ich werde es auch in allen weiteren Projekten nutzen. Mit einem solchen System wird niemand zum professionellen Game-Designer, aber wenn man dieses System richtig anwendet, kann jeder seine Spiele besser machen – ganz egal ob es sich um einen privaten Kindergeburtstag oder um eine Aktivität eines Unternehmens bzw. einer Institution handelt.
Die Arbeit ist Kasachstan ist jetzt leider zu Ende. Es war eine unglaublich tolle Zeit und ich werde das Team des Goethe-Instituts und die vielen weiteren Menschen, die ich dort kennenlernen durfte sehr vermissen. Die private Verbindung wird bleiben – das ist ein sehr großes Geschenk.
Beste Grüße
Christoph Deeg