Liebe Leser,
ich befinde mich gerade im Zug in den Süden Deutschlands. Morgen werde ich – im Kontext meiner Arbeit mit dem ARC-Institut – einen Workshop zu digital-analogen Unternehmensstrategien durchführen. Hierbei geht es weniger um die Verbesserung von Social-Media-Aktivitäten oder die Weiterentwicklung von Apps. Alle diese Punkte sind wichtig und relevant. Aber im Kontext einer digital-analogen Gesamtstrategie geht es z.B. mehr um die Frage, wie man dafür sorgt, dass sowohl die analogen als auch die digitalen Aktivitäten sich gegenseitig unterstützen bzw. als ein vernetztes System wahrgenommen und umgesetzt werden. Gerade bei Unternehmen mit einer starken analogen Komponente z.B. durch ein großes Filialnetz oder einen starken Außendienst ist dies eine wichtige Fragestellung.
In vielen Fällen werden die digitalen Aktivitäten als Marketing- bzw. PR-Werkzeuge definiert. So wie man Annoncen in Zeitungen schaltet oder TV-Spots generiert, ist man auch bei Facebook oder Instagram aktiv. Sehr oft sind es sogar die gleichen Abteilungen, die sich darum kümmern. An sich ist dieser Ansatz verständlich und als erster Schritt auch nicht falsch. Aber er reicht nicht aus. Erst wenn analoge und digitale Aktivitäten miteinander vernetzt sind, können langfristige Mehrwerte entstehen. Gerade in Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf Kommunikation und das persönliche Gespräch basiert, ist es wichtig, dass alle Mitarbeiter genau wissen, was seitens des Unternehmens im digitalen Raum passiert. Mehr und mehr Menschen werden sich z.B. in sozialen Netzwerken informieren. Das persönliche Gespräch im Freundes- und Bekanntenkreis sowie zwischen dem Kunden und dem Mitarbeiter des Unternehmens verlagert sich zunehmend in den digital-analogen Raum bzw. es entsteht ein digital-analoges Informationsnetzwerk. Dieses Netzwerk gewinnt zunehmend an Bedeutung. Für ein Unternehmen bedeutet dies, dass es sowohl auf der inhaltlichen (bezogen auf die eigenen Produkte und die damit verbundenen Fragestellungen des Kunden), als auch auf der kulturellen (Form der Ansprache etc.) sowie auf der strukturellen Ebene (Kompatibilität mit der digital-analogen Lebensrealität des Kunden) aktiv bzw. erfolgreich sein muss. Und hier haben sehr viele Unternehmen massive Schwierigkeiten.
Dabei ist es letztlich kein wirklich neues Thema. Auch in der prä-digitalen Welt mussten sich Unternehmen auf die Lebensrealität der Menschen einlassen. Auch damals galt es, das Vertrauen des Kunden zu gewinnen, was letztlich eine Kombination aus individuellen Verhaltensweisen und Fragestellungen bedeutete. Jedoch war es damals einfacher, da die Mitarbeiter ein vergleichbares Leben lebten. Sie konnten den Kunden verstehen, weil Sie kompatibel waren. Deshalb war und ist es immer noch für viele Unternehmen schwer, in Regionen unserer Erde erfolgreich zu sein, die sich kulturell von der unsrigen massiv unterscheiden. Das digitale Thema bzw. die digitale Herausforderung wird also zu einem interkulturellen Thema, wobei wir aufgrund der Heterogenität der Handlungen bzw. der Denk- und Arbeitsweisen und dem sich stetig und mit hoher Geschwindigkeit verändernden Ist-Zustand der „digitalen Gesellschaft“ eher von einem Prozess als von einem Zustand sprechen.
Alleine aus diesem Grund sind die Mitarbeiter eines Unternehmens einer der wichtigsten Faktoren in einer digital-analogen Unternehmensstrategie. Leider wird hier in der Breite zu wenig investiert. Die Budgets landen lieber bei aufgeblähten und überteuerten PR-Agenturen als bei der Weiterentwicklung der Mitarbeiter. Die Ausrichtung des Managements ist zu oft geprägt Entweder-Oder-Debatten. Dies ist durchaus nachvollziehbar, war doch eines der Argumente für die Nutzung digitaler Angebote, dass man damit Kosten sparen könne. Nicht der Mehrwert, sondern die Effizienzsteigerung stand im Mittelpunkt der Diskussion. Man denke nur an jene unsinnige und unsägliche Behauptung, Social Media wäre großartig, weil doch alles kostenlos wäre. Dabei ist Social Media nicht kostenlos sondern kostenintensiv. Nicht die Einsparung sondern die Verbesserung des Unternehmens als Ganzes sollte das ausschlaggebende Ziel der digital-analogen Strategie als Ganzes bzw. Ziel der Social-Media-Aktivitäten im Speziellen sein. Nicht das Vorhandensein auf einer Plattform, die die Zielgruppe nutzt, stellt einen nachhaltigen Kundenkontakt her, sondern die Fähigkeit, diese Plattform bzw. die Kultur der Zielgruppe zu verstehen und individuelle Mehrwerte zu entwickeln.
Nicht die Anzahl der digitalen Aktivitäten oder die Anzahl der Fans und Likes entscheidet in der Zukunft über den Erfolg eines Unternehmens, sondern die Fähigkeit, eine umfassende digital-analoge Unternehmensstrategie zu entwickeln, welche u.a. die eigenen Mitarbeiter im Fokus hat. Am Ende dieses Beitrages möchte ich zwei Empfehlungen aussprechen:
- Analysieren Sie das vorhandene digitale Basis-Know-How Ihrer Mitarbeiter und entwickeln Sie individuelle Weiterbildungs- und Austauschprogramme
- Achten Sie darauf, dass Guidelines und Hilfestellungen (beispielsweise Social-Media-Guidelines) für alle Mitarbeiter entwickelt werden und auch für alle Mitarbeiter gelten. Dies beinhaltet aber auch, dass Sie den Mitarbeitern helfen, die in den Guidelines besprochenen Inhalte zu verstehen.
Weitere Informationen zu Workshops zu dem Thema kann man hinter diesem Link finden.
Beste Grüße
Christoph Deeg