Der digitale Stresstest und die digital-analoge Unternehmensstrategie

Liebe Leser,

in diesem Beitrag geht es um digital-analoge Unternehmensstrategien bzw. die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Zukunft von Unternehmen. Die fortschreitende Digitalisierung unserer Gesellschaft verändert zunehmend unsere Unternehmenswelt. Themen wie Social Media, Industrie 4.0, digital-analoge Transformation, Social Engineering, Smart Places etc. werden für alle Unternehmen zu einer großen Herausforderung. Dabei handelt es sich längst nicht mehr um die Frage, ob man eine Facebook-Seite hat oder nicht. Es geht auch nicht um das Vorhandensein einer App oder eines Community-Managers. Es geht vielmehr um ein neues Verständnis des Unternehmens als Ganzes bzw. die Entwicklung einer neuen Form des Managements. So wie wir im Kontext von Gamification von der Implementierung von Game-Mechaniken etc. in Non-Game-Kontexte sprechen, geht es hier um die Übernahme der Strategien und Denk- und Arbeitsweisen als Querschnittsfunktion des Managements.

Die Herausforderungen für Unternehmen sind vielfältig und es wird einige Blogbeiträge benötigen, um hier ein Bild der aktuellen Lage und möglicher Optionen zu zeichnen. Deshalb ist dieser Beitrag mehr als ein Intro – aus aktuellem Anlass – zu verstehen. Um die Komplexität des Themas zu beschreiben möchte ich drei Punkte ansprechen und mit Euch diskutieren:

  1. Social Media als ultimatives Missverständnis
  2. Die Bedeutung des Themas für die interne Revision
  3. Wir brauchen digital-analoge Gesamtstrategien

Beginnen wir mit dem ersten Punkt. Um es vorweg zu sagen: ich glaube das Thema Social Media wird in sehr vielen Unternehmen noch immer nicht in seiner Breite verstanden. Nein, jetzt folgt nicht das klassische Beraterthema „100 Dinge die man besser machen kann im Kontext von Social Media“. Es geht mir nicht um KPI’s oder ROI’s. Es geht auch nicht um die – leider selten gute – Ausgestaltung von Social-Media-Guidelines oder eine sinnvolle Zielgruppendefinition. Das Problem beginnt an anderer Stelle. In den letzten Jahren haben immer mehr Unternehmen mit eigenen Aktivitäten im Social Web begonnen. In den allermeisten Fällen handelt es sich hier um eine PR- bzw. Marketingfunktion, d.h. man nutzt die verschiedenen Plattformen, um damit die jeweiligen Zielgruppen zu erreichen und zu informieren. Dabei verkommt die eigene Social-Media-Aktivität sehr oft zu einer Mischung aus langweiligen Informationen und vermeintlich „coolem“ Sprachgebrauch. Noch immer tut man so, als ging es primär um das „Erreichen junger Menschen“. Nur selten hat man das Gefühl, dass das Unternehmen die Lebensrealität eben dieser Zielgruppe verstanden hat oder zumindest Interesse daran zeigt. Und ebenso selten wird Social Media als eigenes System mit einem eigenen Kommunikations- und Contentansatz begriffen. Man fragt gerne, wen man erreichen möchte und wie die Zielgruppe so agiert, aber man fragt viel zu selten, was die jeweiligen Plattformen und Communitys an Optionen bieten und wie diese im Kontext einer digital-analogen Unternehmensstrategie genutzt werden können. Wenn wir begriffen haben, dass das Thema Social Media alle Unternehmensbereiche tangiert und zudem alles Unternehmensbereiche beeinflusst, dann muss Social Media als Querschnittsfunktion des Managements verstanden werden.

Kommen wir zum zweiten Punkt. Für die interne Revision ist dieses Thema besonders interessant. Denn dieser Unternehmensbereich hat die Aufgabe, mögliche Risiken abzuschätzen und zudem zu prüfen, ob etwaige Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Als Berater der Geschäftsleitung ist die Revision längst mehr als nur eine Abteilung zur Entwicklung von umfangreichen Prüfplänen. Schaut man sich das Thema Social Media aus Sicht der Revision an, erkennt man, dass Teile der Prüfpläne und Prüfstrategien hier nicht mehr greifen. Nun mag man einwenden, dass dies ja auch nur ein Thema von vielen wäre, aber dann verkennt man die Komplexität bzw. Bedeutung des Themas. Social Media beeinflusst jeden Unternehmensbereich, sogar dann, wenn das Unternehmen gar nicht im Social Web aktiv ist. Denn seine Reputation, seine Produkte etc. sind Teil der digitalen Diskussion. Zudem besteht das Risiko, aufkommende Trends zu übersehen, weil man mit den Communitys, in denen diese besprochen werden, nicht aktiv ist bzw. diese gar nicht kennt. Dieser indirekte Impact auf ein Unternehmen ist in manchen Fällen sogar relevanter als der direkte Impact, denn die Abwehr möglicher Gefahren ist hier schwieriger. Von Themen wie Sabotage, Social Engineering, Shitstorms inkl. Der damit verbundenen mittel- bis langfristigen Folgen haben wir da noch gar nicht gesprochen. Für die Revision bedeutet dies, dass sie letztlich zwei zentrale Risikobereiche bearbeiten muss: die Vermeidung von Risiken, die sich aus dem direkten und indirekten Einfluss des Social Web für ein Unternehmen ergeben, und die Vermeidung des Risikos, dass die Chancen, welche sich durch das Social Web für das Unternehmen ergeben, nicht genutzt werden. Gleichzeitig müssen die Verfahren weiterentwickelt werden. Auch die Revison muss sich überlegen, inwieweit sie mit der digitalen Welt, ihren Denk- und Arbeitsweisen kompatibel ist. So müssen wir uns fragen, wie wir Verfahren wie COBIT oder auch ganze Audits neugestalten können, damit sie das Thema überhaupt fassen können.

Die folgende Präsentation habe ich auf der letzten Audit Challenge gehalten und sie bietet eine kleine Übersicht zu den wesentlichen Fragestellungen: [gview file=“https://christoph-deeg.com/wp-content/uploads/2016/04/Vortrag-Digitale-Strategien-Digitaler-Stresstest-Chancen-und-Risiken-für-das-Unternehmen-4.0.pptx“ save=“1″]

Schließlich geht es im dritten Punkt um die Frage, ob wir nicht vermehrt einen Fokus auf die Entwicklung und Realisierung digital-analoger Unternehmensstrategien setzen sollten. Wenn das Unternehmensumfeld eine digital-analoge Lebensrealität hat, dann besteht das Risiko, dass das Unternehmen zunehmend inkompatibel zu diesem Umfeld wird. Dies betrifft Kunden aber auch aktuelle oder potentielle Mitarbeiter etc. Vergleicht man die aktuelle Situation mit Ansätzen aus der Systemtheorie, dann muss man sich fragen, ob der in vielen Unternehmen vorhandene Ansatz, digital und analog immer noch zu trennen, bzw. das Thema nicht als Querschnittsfunktion zu sehen, nicht ein erhebliches Risiko darstellt. Warum dieser Ansatz so wichtig ist, kann man z.B. im Bereich Finanzdienstleistungen sehen. Hier erleben wir mit „Fintech“ einen Bereich, in dem neue Mitbewerber entstehen, die weder den engen Kontakt zum Kunden haben, noch die bis jetzt nachgefragten Produkte anbieten können. Ihre Stärke besteht im Wesentlichen aus drei Bereichen:

  • Diese Unternehmen kommen aus der digital-analogen Lebensrealität, d.h. ihre Kompatibilität – als ganzes System – mit ihrem Umfeld ist weitaus höher als bei den „Platzhirschen“.
  • Diese Unternehmen können es sich erlauben, sich nur auf einzelne Produktsegmente zu konzentrieren.
  • Diese Unternehmen verfügen über eine hohe Flexibilität und Innovationskraft.

Dabei geht es nicht um die Frage, ob solche neuen Mitbewerber, den Markt übernehmen können. Sie müssen keine Marktanteile von 50% erreichen. Es reicht, dass sie Kunden nachdenklich machen. Es reicht, dass sie neue Erwartungshaltungen generieren. Es reicht, dass sie die Wahrnehmung der Kunden hinsichtlich ihrer Optionen weiterentwickeln. Kompatibilität und Vernetzung sind zwei wesentliche Erfolgsparameter für das Unternehmen der Zukunft.

In den letzten Jahren habe ich zu diesen Themen einige Workshops durchgeführt. Zudem habe ich, zusammen mit dem ARC Institute ein Modell entwickelt, welches sowohl die Revision als auch die Unternehmensleitung bei der Analyse der digital-analogen Ist-Situation und der daran anschließenden Entwicklung und Realisierung digital-analoger Unternehmensstrategien berät und begleitet. Ein Teilelement ist das dabei der „digitale Stresstest“. Dieses einzigartige Programm ermöglicht es Unternehmen, alle digital-analogen Herausforderungen zu identifizieren und zu analysieren. Dabei liegt der Fokus auf einer Kombination aus klassischen Prüfverfahren und komplexen Simulationen. In den nächsten Wochen werde ich dazu mehr schreiben.

Parallel dazu beginnt diese Woche eine Reise von Webinaren zu dem Thema. Dabei werden wir uns mit der Frage der digital-analogen Herausforderungen im Kontext dee Revision befassen. Auch hier geht es um den digitalen Stresstest und eine Implementierungsmöglichkeiten in vorhandene Prüfsysteme.

 

Beste Grüße

 

Christoph Deeg

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