Liebe Leser,
in den letzten Jahren hat sich unsere Medienwelt nachhaltig verändert. Ok, das ist jetzt keine neue Erkenntnis. Es gibt eine Vielzahl an Statistiken und Präsentationen, die zeigen, wie groß die Veränderungen sind. In der Regel handelt es sich dabei um quantitative Daten. Es geht dann um Aussagen wie „Wäre Facebook ein Land, es wäre das drittgrößte der Erde“ oder „80% aller Deutschen unter 24 Jahre sind Gamer“. Das alles klingt beeindruckend, es ist aber nicht wirklich relevant. Die Anzahl der Nutzer digitaler Medien sagt nämlich nichts über die Nutzungsformen aus. Quantitative Daten helfen, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Aber spätestens dann, wenn einem die Menschen zuhören, geht es um eine qualitative Auseinandersetzung mit dem Thema.
Wenn man also sehen möchte, ob sich etwas ändert, muss man herausfinden, ob die Menschen neue Denkmuster entwickeln. Und bei meinen Recherchen ist mir u.a. folgendes aufgefallen:
Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der es kaum bzw. gar keine digitale Medien gab. Das Buch war damals das zentrale Informations- bzw. Vermittlungsmedium. Natürlich waren Medien wie TV, Radio etc. immer präsent. Aber wenn es z.B. um das Lernen ging, landete man schnell wieder beim Buch. Heute haben wir eine viel größere Bandbreite an Medien. Das Internet, eBooks, Blogs etc. überall werden Informationen zur Verfügung gestellt. In den letzten Jahren hat man nun verstanden, dass es gar nicht um das Medium, sondern um den Inhalt geht. Medien sind nur noch Werkzeuge, Plattformen und Ihre Qualität und Wertigkeit erlangen sie durch die Inhalte. Das Medium an sich erfüllt keinen Selbstzweck.
In der Gamingwelt konnte ich nun eine interessante Entdeckung machen: Im Magazin „Gamestar“ werden Computerspiele rezensiert. Es gibt eine Vielzahl an Parametern, die letztlich zu einer Gesamtpunktzahl führen. Je höher die Gesamtpunktzahl ist, desto besser ist das Spiel bewertet worden. Zu den Kriterien gehören u.a. die Grafik, das Gameplay etc. es gibt aber eine Diskussion, ob das Vorhandensein eines Digitalen Rechtemanagements (DRM) zu einer Abwertung führen sollte. Das ist ein sehr interessanter Ansatz. In der Welt der eBooks würde niemand auf die Idee kommen, einen Roman schlechter zu bewerten, weil das eBook ein DRM hat. Es gibt Menschen, die DRMs an sich nicht akzeptieren wollen, und deshalb z.B. auf keinen Fall Kunde von Anbietern wie Amazon werden möchten. Und es gibt ebenso viele Diskussionen, ob man eine Datei (ein eBook ist ja eine Datei und kein physisches System) überhaupt besitzen oder verleihen kann. Aber in allen diesen Diskussionen, werden die Inhalte vom Medium getrennt.
Wie würde eine Medienwelt aussehen, in der Literaturkritiker die jeweiligen Werke schlechter bewerten, weil es sie als eBook mit DRM gibt? Nun mag man einwenden, dass man Bücher ja in der Regel analog oder digital bekommen kann. Aber was passiert, wenn mehr und mehr Autoren entscheiden, Ihre Werke nur digital anzubieten? Und was ist mit Medien wie Blogs oder Youtube-Videos? Wenn die Qualität eines Werkes nicht mehr nur über das Werk an sich, sondern auch über das Medium definiert werden würde, würde dies einiges ändern. Analog-Digitale Vermittlungskompetenz würde zu einer relevanten Kernkompetenz werden.
Könntet Ihr Euch vorstellen, dass man Medien und Inhalte auf diese Art und Weise verbindet? Und was bedeutet das für unsere Gesellschaft?
Beste Grüße
Christoph Deeg