Liebe Leser,
die meisten von Euch haben es sicherlich mitbekommen: Facebook ist 10 Jahre alt geworden. Das ist kaum zu glauben oder? Es sind gerade mal 10 Jahre und in dieser kurzen Zeitspanne hat Facebook bzw. das Social Web unser Leben nachhaltig verändert. Ich gebe zu, dass ich am Anfang gar kein Facebook-Nutzer war. Ich bewegte mich auf Myspace. Dort konnte ich mich mit anderen Menschen aus aller Welt vernetzen und zudem ein paar meiner Musik-Tracks veröffentlichen. Zur damaligen Zeit hatten sehr viele Bands ein Profil auf Myspace und es gab viele tolle Community-Angebote. So gab es kleine internationale Gruppen, die die Tracks von Menschen wie mir rezensierten und einmal habe ich es sogar in deren TOP 5 der Woche geschafft.
Nun gut, es war auch die Zeit, in der sich mein Leben veränderte. Vom Nutzer dieser Tools wurde ich in sehr kleinen Schritten zum Berater in diesem Bereich. Es war ein spannender Weg und es ist immer wieder beeindruckend für mich, dass ich einen Beruf habe, der erst durch Facebook und Co. entstanden ist. Facebook ist immerhin so berühmt geworden, dass nahezu alle Medien über den Geburtstag berichten. Leider ist diese Berichterstattung in vielen Teilen oberflächlich. Da heißt es die Jugendlichen und jungen Erwachsenen würden dort Essensbilder teilen und massenhaft „Gefällt mir“ drücken. Man redet von Zeitverschwendung, von Aktienkursen und Werbung und Datenschutz. Und natürlich darf die alte Diskussion über das Thema „Freunde“ nicht fehlen. Es ist ärgerlich, aber man kann es verstehen. Die klassischen Medien haben sich in der Breite bis heute nicht mit der digitalen Welt anfreunden können. Ihnen fehlt jedes Verständnis für die Plattformen und – und das ist noch enttäuschender – für das was die Menschen dort tun. Und das Wort „Zeitverschwendung“ ist gerade aus dem Mund der klassischen Medien absurd…
Aber genau das ist es, was wirklich interessant an diesem Geburtstag ist: Nicht Facebook hat Geburtstag, sondern wir – die Menschen, die seit 10 Jahren Inhalte auf Facebook teilen, kommentieren und liken. Facebook ist nicht mehr und nicht weniger als eine geniale Plattform, die es den Menschen ermöglicht und sie animiert, miteinander zu kommunizieren. Und das ist etwas, von dem die meisten herkömmlichen Medien wenig bis gar keine Ahnung haben. Wir sollten nicht Facebook feiern sondern uns…
Aber Facebook steht auch für die Frage, inwieweit Unternehmen und Institutionen mit der Lebensrealität eines großen Teils unserer Bevölkerung überhaupt noch kompatibel sind? Wir dürfen nicht vergessen, dass der freie Zugang zum Internet weder in Unternehmen noch in öffentlichen Institutionen selbstverständlich ist. Und selbst wenn man dann auf Facebook oder vergleichbaren Plattformen aktiv ist, heißt das noch lange nicht, dass man die Kultur des Social Web, die neuen Denk- und Arbeitsweisen verstanden und verinnerlicht hat. Viele Unternehmen und Institutionen müssen feststellen, dass sie nicht kompatibel zu den Menschen und Ihrer Kommunikationskultur sind.
Leider wird Facebook viel zu oft als PR-Tool missverstanden. Man möchte doch so gern die Menschen dort erreichen wo sie angeblich sind. Daraus resultiert, dass man PR-Agenturen mit Facebook-Kampagnen beauftragt, bei denen es dann sehr oft weniger um nachhaltiges und umfassendes Community-Building als vielmehr um mehr Fans, mehr Kommentare und mehr Geld für den Chef der PR-Agentur geht. Das alles ist verständlich aber es hilft nicht weiter. Es geht nicht darum, einen Kontakt herzustellen, sondern darum eine Beziehung zu Menschen aufzubauen. Es geht nicht um Fans, Likes und Kommentare sondern um Interaktion, Offenheit, Teilen, Kooperation, Kreativität und um Spass. Niemand möchte mit einer Institution reden – wir wollen mit Menschen reden.
Ich finde Facebook nachwievor großartig. Und der so oft angestimmte Abgesang auf Facebook, weil doch „die jungen Menschen“ nun vermehrt Messenger wie WhatsApp nutzen ist ein bisschen putzig. Was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn Facebook eine Plattform von Erwachsenen wird? Wie gesagt, Facebook wird von den Menschen gestaltet. Und das bedeutet, dass sich die Plattform ändern kann. Vielleicht werden aber auch nur einige Unternehmen und Institutionen inkl. ihrer PR-Berater nervös, weil sie nicht wissen, wie man auf den stetigen Wandel in der digitalen Welt reagieren soll. Wenn sich Dinge ändern und man flexibel auf die Menschen reagieren muss.
In diesem Sinne: Auf die nächsten 10 Jahre Facebook. Mögen die Unternehmen und Institutionen irgendwann die Menschen und ihre Lebensrealität verstehen und damit umgehen können…
Beste Grüße
Christoph Deeg
sehr gut kommentiert, was es um die Entwicklung Social Media geht und das Verständnis von menschlicher Kommunikation. Ich denke, dass Social Media aus erster Linie unsere Kommunikation erleichtert und vervielfacht. Kommunikation in Social Media bedeutet nicht nur von sich heraus zu erzählen und darzustellen, sondern auch die Wahrnehmung der Leser mit unterschiedlichen Hintergründe wie Kultur und gesellschaftliche Milieus. Nachrichten zu senden ist gut, schön, offen und zeigt auch die Kommunikationsdrang mit Anderen. Aber vielleicht sich mit einem unmissverständlichen Dialog auseinanderzusetzen etabliert die Meinung des Schreibers.
In den nächsten 10 Jahren hoffe ich können mehr Schreiber, Institutionen und Unternehmen mehr Dialoge mit Effizienz in Social Media arbeiten können.