Facebook, Zynga und der Untergang von Social-Media

Liebe Leser,

in den letzten 48 Stunden ist wieder einiges passiert. In den Wirtschaftsnachrichten konnte man es lesen: Zynga und Facebook machen Verluste, die Aktienkurse beider Unternehmen gehen in den Keller. Schon prophezeien einige Menschen den Untergang des digitalen Abendlandes. Ich bin über die Reaktionen ein bisschen verwundert und möchte ein paar Gedanken dazu formulieren:

Zuerst muss man zugeben, ja, es gibt Verluste bei den beiden Unternehmen und nicht nur dort. Und ja, die Aktienkurse dieser Unternehmen sind unter Druck geraten. Facebook machte im abgelaufenen Quartal einen Verlust von 157 Mio. Dollar bzw. 8 Cent je Aktie. Zwar konnte man den Umsatz um 32% steigern, dies reicht den Analysten aber nicht ansatzweise. Und auch Zynga hat Schwierigkeiten. Im letzten Quartal waren es 23 Millionen Dollar Verlust. Soweit zu den Zahlen. Nun zur Frage ob dies den Untergang der Social-Media-Welt bedeutet? In den letzten Stunden wurde ich gleich 2x darauf angesprochen. Es hieß, der Hype um Social-Media und Gaming wäre ja wohl jetzt vorbei. Diejenigen Unternehmen und Institutionen, die sich bis jetzt in diesen Bereichen zurückhielten hätten sehr weise gehandelt.

In der Regel werden solche Aussagen von Menschen getroffen, die selbst zu der Gruppe der passiven Kritiker gehören, d.h. sie sind gegen Social-Media, sehen in allen diesen Plattformen vor allem Gefahren und sind stolz darauf, bis jetzt darauf verzichtet zu haben. Es ist in solchen Fällen schwer zu diskutieren, trotzdem möchte ich ein paar wichtige Punkte ansprechen:

Es geht im Social-Web nicht um Plattformen, sondern um Menschen. Natürlich fokussieren sich Investoren auf Geschäftszahlen, aber in denen spiegelt sich nur der Erfolg oder Misserfolg eines Geschäftsmodells wieder. Wir bewegen uns auf diesen Plattformen, weil Sie uns eine Vielzahl an Möglichkeiten der Vernetzung, der Kommunikation, des Erschließens und Teilens von Inhalten und natürlich jede Menge Spass bieten.

Erinnert sich noch jemand an AOL oder StudiVZ? Waren wir nicht mal alle bei Myspace aktiv? Alle diese Plattformen haben an Bedeutung verloren oder sind ganz verschwunden – und niemand vermisst sie. Die Menschen wandern weiter. Heute Facebook, morgen vielleicht die ultimative Social-Media-Gaming-Barbecue-Community-Plattform. Wir wissen es nicht.

Warum glaubt man eigentlich, dass Social-Media und Gaming ein Hype seien? Schon beim Platzen der berühmten Dotcom-Blase konnte man beobachten, dass zwar sehr viele Unternehmen verschwanden – die letztlich nur existierten, weil gierige Geldgeber astronomische Gewinne erwarteten – aber die Anzahl der Internetnutzer kontinuierlich wuchs. Es war völlig egal ob da ein paar Unternehmen mehr oder weniger unterwegs waren. Die Menschen waren weiterhin aktiv und fuhren fort ihre digitale Welt zu gestalten. Gleiches gilt für das Thema Gaming.

Vor ein paar Wochen mussten wir alle den Niedergang der Drogeriekette „Schlecker“ miterleben. Kommt irgendjemand auf die Idee, Drogerieketten wären out? Lassen wir unsere Autos stehen, wenn ein Automobilhersteller Verluste einfährt und steigen aufs Fahrrad um? Was nebenbei bemerkt unsere Umwelt helfen würde:-) Nein, natürlich nicht! Es ist uns egal. Wir wollen ein Auto, wir wollen Duschgel und Cremes und wenn es einen Anbieter nicht mehr gibt suchen wir uns den nächsten.

Besonders spannend: wenn man auf Tagungen und Kongressen im Rahmen eines Vortrages auf die wirtschaftliche Bedeutung von Social-Media und Gaming hinweist, wird immer wieder darauf verwiesen, dass dieses Zahlen doch keine Argumentationsgrundlage für eigene Aktivitäten auf den Plattformen seien. Schließlich würde man sich ja auch nicht einen Grill kaufen und Barbecues veranstalten, nur weil Millionen von Menschen gegrilltes mögen. Wenn aber die Quartalszahlen nicht stimmen, wird dieses Argument gerne benutzt um aufzuzeigen, dass das Thema doch gar nicht mehr wichtig wäre.

Das Web ist menschlich. Es wird von Menschen gestaltet. Facebook ist keine Community. Es ist eine Plattform mit Millionen an kleinen Communitys, die zumeist keinen Kontakt zueinander haben. Allein die Sprachbarriere erschwert eine wirkliche globale Vernetzung. Social-Media ist keine Technologie, es ist eine neue Kultur, eine neue Art zu Denken und zu Arbeiten. Diese Kultur befindet sich immer noch in der Entwicklungsphase. Wir erleben, wie neue Plattformen entstehen und andere verschwinden. An der Kultur des Web wird sich nichts ändern.

Wenn also demnächst mal wieder positive oder negative Quartalszahlen von Unternehmen aus der Social-Media- bzw. der Gaming-Welt veröffentlicht werden, können wir uns entspannt zurücklehnen und einfach weitermachen….

Beste Grüße

Christoph Deeg

5 thoughts on “Facebook, Zynga und der Untergang von Social-Media

    1. Hi Justin, thank you so much for you comment. I think you used google-translate? I am asking this because i do not know, what you wanted to say:-) Could you please comment again – in english? All the best Christoph

  1. Lieber Christian,

    vielen Dank für Deinen Kommentar. Und ich gebe Dir in allen Punkten recht – wie Du mir ja anscheinend auch. Natürlich ist es ein Hype – zumindest nach der Gartner-Definition. Der Begriff Hype wird aber umgangssprachlich sehr oft benutzt um damit auszudrücken, dass das bald wieder vorbei ist und man sich darum nicht zu kümmern braucht. Dabei ist m.E. erst der erste Schritt getan. Die Möglichkeiten die sich aus der Nutzung von Social-Media und Gaming ergeben sind den meisten Menschen noch nicht klar geworden – ebenso wenig die Gefahren, die sich vor allem aus der Nicht-Nutzung ergeben:-)

    Ganz liebe Grüße

    Christoph

  2. Christoph, natürlich handelt es sich bei Social Media, Gaming und vielen anderen Dingen um einen Hype. Aber was ist daran so falsch? Ich finde es immer witzig, dass viele eine Entwicklung abtun wollen, indem sie behaupten, es handle sich um einen Hype. Dabei lassen sie völlig außer acht, dass es so etwas wie einen Hype Cycle gibt, der auch wichtig ist, gerade im Technologiebereich. Gartner zeigt recht schön, wie so Zyklus funktioniert, hier der Link zu einem Artikel: http://bit.ly/MPri6L

    Es ist ganz normal, dass die überzogenen Erwartungen nun enttäuscht werden, um danach den Boden der Normalität zu erreichen. Wer jetzt glaubt, es gehe mit Social Media zu Ende, der hat leider gar nichts verstanden. Wer gerne aussteigen möchte oder noch immer glaubt, nicht einsteigen zu müssen, kann das gerne tun. Aber diesen Fehler gutzumachen, wird teuer, garantiert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich stimme der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten nach der EU-DSGVO zu und akzeptiere die Datenschutzbedingungen.