Liebe Leser,
jedes Jahr um beinahe die gleiche Zeit entsteht vor allem im Westen der Republik eine real-virtuelle Welt. Zu Tausenden treffen sich Menschen, teilweise in bunten Kostümen und zelebrieren ihre Spiel-Kultur. Es ist längst kein Jugendthema mehr. Vielmehr sind es Menschen aus allen Altersklassen, die sich für ein paar Tage völlig verändern. Nein, ich rede nicht von der Gamescom sondern von ihrem nicht-digitalen Vorgänger dem Karneval. Überall wird in den Medien über den Karneval berichtet. Gerade heute, am sog. Rosenmontag scheint die halbe Republik im Karnevals-Fieber zu stecken. Ich habe mir diese Sache nun lange genug angesehen und heute möchte ich aufstehen und sagen „Ihr habt den Rubikon überschritten – lasst uns den Karneval verbieten!“.
Karneval ist ein Problem geworden. Heute sind in Orten wie Köln oder Düsseldorf sehr viele Geschäfte geschlossen. Man kann gar nicht erahnen, wie groß der volkswirtschaftliche Schaden ist. Klar ist nur, dass er von der Bonbon-Industrie nicht aufgefangen werden kann. Eine viel größere Gefahr ist aber die Psyche der Teilnehmer. Karneval ist eine rein virtuelle Welt. Die Menschen spielen eine Figur. Sie sind Prinz, Prinzessin, Soldat, Funkenmariechen etc. Diese Avatare sind virtuelle Fabelwesen und es stellt sich die Frage, warum ein Mensch es nötig hat, in eine virtuelle Welt einzutauchen und eine andere Person sein zu wollen. Woher kommt diese Flucht ins Virtuelle? Haben diese Menschen nicht die Kraft oder das Selbstbewusstsein, zu sich zu stehen? Muss man wirklich eine virtuelle Figur entwerfen um mit anderen kommunizieren zu können?
Und dann geht es ja doch nur um Kritik an Politik und Gesellschaft. Aber warum trauen sich diese Menschen nicht, ihre Kritik mit ihrem richtigen Namen zu verbinden? Brauchen wir nicht einen Klar-Namens-Pflicht im Karneval? Diese Anonymisierung ist doch hoch gefährlich. Unter dem Deckmantel eines Avatars können nun potentiell auch kriminelle Handlungen vorgenommen werden.
Karnevalisten stehen vor allem für Zügellosigkeit. Sie scheinen alle Werte und Ideale über Bord zu werfen. Wer also sehr stark in den Karneval involviert ist lernt, dass sich an die Regeln zu halten gar nicht notwendig ist. Karneval hat zudem einen sehr schlechten Einfluss auf die Jugend. Durch jahrelanges Karneval-Erleben haben sich Muster eingespielt, die nun in diesen fürchterlichen Computerspielen weiter gelebt werden. Gleichwohl steht Karneval bei aller Virtualität für Technologiefeindlichkeit. Oder anders ausgedrückt: Karneval ist das World of Warcraft der IT- und Technologiefeinde.
Besonders schlimm aber ist die m.E. vorhandene Karnevalssucht. Karneval findet ja nicht nur im innerhalb von ein paar Wochen statt. Gerade die Aktiven beschäftigen sich das ganze Jahr über mit ihrem komischen Treiben. Sie trainieren, organisieren und planen – warum können diese Menschen diese Energie nicht für etwas sinnvolles nutzen? Die Bundesregierung hat vor ein paar Tagen ein neues Drogenprogramm präsentiert. Darin wird u.a. auch auf Onlinesucht und Spielsucht verwiesen. Demnach sind hunderttausende Menschen süchtig nach dem Internet bzw. Computerspielen. Was genau mit dieser Sucht gemeint ist, und ab wann man nun süchtig ist, wurde zwar nicht erklärt, aber man zumindest mal einen Fragenkatalog erstellt, welchen wir auch für den Karneval nutzen sollten. Ich denke es wird höchste Zeit, dass sich die Suchtforscher auch mit dem Lesen von Büchern, Fußball und vor allem Karneval beschäftigen, damit auch hier Präventivprogramme entwickelt werden. Im Bereich der Internetsucht hat die Politik schon viel erreicht. Dadurch, dass es z.B. kaum öffentliche Institutionen gibt, die ein wirklich freies WLAN anbieten, verhindern wir aktiv, dass noch mehr Menschen süchtig werden. Aus diesem Grund ist es auch als Erfolg zu werten, dass in unseren Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Museen etc. Themen wie Social-Media, Gaming und das mobile Internet nur langsam angegangen werden. Über das hervorragende Konzept, die Datenschutz- und Urheberrechts-Regeln des letzten Jahrhunderts in unserer heutigen Zeit zu emulieren ist schon an anderer Stelle und des öfteren hingewiesen worden.
Karneval ist aber auch aus Sicht der Bildungspolitik problematisch. Hier lernen Menschen, dass man nur „Helau“ und „Alaaf“ brüllen muss um „anzukommen“ bzw. akzeptiert zu werden. Karnevalisten suchen also in ihrer virtuellen Welt etwas, was sie ihrer Meinung nach in der realen Welt nicht bekommen. Schon hört man von Firmenpräsentationen, bei denen Karnevalisten mitten im Vortrag aufhören zu sprechen, weil kein Tusch kommt. Und wenn wir gerade bei der Bildung sind. Was ist mit dem Datenschutz oder der Privatsphäre? Im Karneval darf man fremde Menschen küssen. Es heißt es wäre zu dieser Zeit erlaubt. Es wird also eine Freizügigkeit vorgegaukelt, die es so gar nicht gibt. Dabei können aber Daten entstehen, die im späteren Leben für Probleme sorgen. Zum Beispiel, wenn man nach dem Kuss die eigene Telefonnummer weitergibt. Oder aber ein Kölner Unternehmenschef stellt fest, dass ein Bewerber Karneval in Düsseldorf feiert. Die Karnevalisten sind in der Regel nicht in der Lage, die Folgen ihrer Handlung abzuschätzen.
Was müssen wir also tun? Es gibt eine Vielzahl an interdisziplinären Beispielen, die wir – leicht abgeändert – auch in diesem Fall nutzen könnten:
Ein immer wieder gerne angesprochenes Thema in der digitalen Welt sind die sog. Internetsperren. Der rechtsfreie Raum Internet kann so kontrolliert werden. Wir müssen aufpassen, dass unsere Straßen nicht zu einem rechtsfreien Raum werden. Rathauserstürmungen sind nichts anderes als gewaltverherrlichende und sinnlose Aktivitäten. In diesem Zusammenhang wäre zu klären, ob die Täter einiger Amokläufe rund um den Globus vielleicht auch Karneval gefeiert haben? Das ACTA-Abkommen (Alkoholisierte Carnevalisten Tanzen Anders) kann ebenfalls als Vorbild dienen. Wir müssen einfach die Bonbonhersteller für die Schäden des Karnevals im allgemeinen und den Zahnproblemen im Anschluss daran im speziellen in Haftung nehmen. Schließlich brauchen wir ein Buch von Frank Schirrmacher, z.B. mit dem Titel „Payback – warum wir durch den Karneval dazu gezwungen werden Menschen zu küssen, die wir gar nicht küssen wollen“. Des weiteren möchte ich noch dazu aufrufen, mit mir zusammen das rheinländische Manifest zu erstellen. Ich möchte 99 Thesen aufschreiben, die einen Weg aus dem Karneval aufzeigen. Dazu gehört auch, dass öffentliche Institutionen wie z.B. Bibliotheken auf keinen Fall einen eigenen Wagen bei einem Karnevalsumzug haben. Sie dürfen auch nicht offiziell teilnehmen. Mitarbeiter, die privat am Karneval teilnehmen müssen ein T-Shirt tragen auf dem steht: „Alle von mir getrunkenen Biere und Liköre, sowie meine Handlungen stellen nicht die Meinung meines Arbeitgebers dar“. Und dann brauchen wir Aufklärungsarbeit. Ähnlich wir beim modernen Internet sollten wir auch bei diesem Thema Polizisten in die Schulen schicken, die über die Gefahren des Karnevals aufklären. Besonders denjenigen, die noch nicht Karneval feiern gilt es, den Schrecken der Wahrheit zu zeigen.
Wenn wir alle zusammenhalten, können wir den Karneval zurückdrängen. Sicher, auch ich weiß, dass es nicht möglich sein wird, alle Menschen vom Unsinn des Karnevals zu überzeugen. Aber wir können alles tun, damit es keine weitere Verbreitung gibt. Enklaven wie Nordhessen oder Berlin (die „Ständige Vertretung“) sollten ausgetrocknet werden.
Beste Grüße
Christoph Deeg
PS: Dieser Beitrag ist natürlich ironisch gemeint. Ich bin ein großer Fan des Karnevals und war selber sogar 2x Kinderprinz. Ich schätze die Karnevals-Kultur sehr. Nur in einem Punkt dieses Textes war ich sozusagen „ehrlich“. Ich glaube, Karnevalisten sollten sich nicht über Computerspiele beschweren – Karneval ist wirklich nicht mehr und nicht weniger als eine virtuelle Welt:-) Ansonsten habe ich in diesem Beitrag nur die klassischen Argumente und Standpunkte benutzt, die ich immer wieder zu den Themen Gaming und Social-Media höre. Ich hoffe es hat allen Lesern ein bisschen Spass gemacht.
PS2: Ich bin gerade auf dem Weg nach Düsseldorf und es ist Rosenmontag…
Alaaf! Schöner Beitrag, macht Spaß. Aber in welcher karnevalistischen Diaspora waren Sie denn Kinderprinz? Ich dachte, Sie sind Berliner???
Nein, ich bin im schönen Guxhagen aufgewachsen und war Kinderprinz bei den „Blauen Funken“. Da habe ich auch im Fanfarenzug getrommelt… Das sind halt meine Jugendsünden…
Sauber Christoph….großes Kino ;) Vielen Dank….
Gruß
Martin
Vielen Dank für das Kompliment…. Ich glaube auf der nächsten Gamescom trage ich ein Karnevalskostüm Lach