Hätte Mozart gebloggt?

Liebe Leser,

in vielen Gesprächen z.B. während meiner Workshops und Seminare geht es immer wieder darum, dass das Web 2.0 für die Kultur nicht besonders gut sei. Es besteht laut Ansicht vieler die Gefahr, die Wertigkeit von kulturellen Inhalten zu verlieren, wenn sie im Web2.0 zu finden sind. Die Möglichkeit mit den Inhalten zu arbeiten, sie zu kommentieren, zu deuten und in einen neuen Zusammenhang zu stellen erscheint vielen als Bedrohung und weniger als Chance.

Ein Frage, die ich mir dabei immer wieder stelle ist die, wie sich wohl große Persönlichkeiten der letzten Jahrhunderte verhalten würden. Würde Mozart twittern? Hätte Wagner einen Blog? Könnten wir die neuesten Werke von Frida Kahlo bei Flickr bestaunen? Hätte Mahler Musik für Computergames geschrieben? Hätte Shakespeare Computergames als Bühne für Seine Werke genutzt?

Natürlich können wir nur mutmaßen und wahrscheinlich hätten sich einige der genannten Künstler gegen das Web 2.0 oder Computergames entschieden. Trotzdem glaube ich, dass einige der Künstler die wir heute als die großen Meister bezeichnen und deren Inhalte mancher nicht im Web 2.0 sehen möchte, mit großer Freude und starkem Engagement bloggen und twittern würden.
Schließlich waren einige von Ihnen zur damaligen Zeit Visionäre. Sie entwickelten Ihre Arbeit stetig weiter, sie wurden kritisiert und hinterfragt und Sie versuchten mit Ihrer Arbeit Menschen andere Menschen zu erreichen. Viele von Ihnen nutzten jede verfügbare Technologie um Ihre Arbeitsmöglichkeiten zu erweitern.

Es gibt viele verschiedene Gründe, warum Kultur- und Wissensinstitutionen das Web 2.0 und Computergames für ihre Arbeit nutzen sollten. Neben Marketingaspekten und neuen Möglichkeiten der Kulturvermittlung ist es m.E. vor allem die Tatsache, dass die Künstler selber es genutzt hätten.

Was meinen Sie? Hätte Mozart gebloggt?

Beste Grüße

Christoph Deeg

3 thoughts on “Hätte Mozart gebloggt?

  1. Mozart hätte sich sicherlich gefreut, durch Social Media mehr unabhängigkeit von Verlegern und Auftraggebern erlangen zu können, z.B. indem er seine Musik direkt an die „Fans“ verkauft hätte. David Hockney malt ja jetzt auch Bilder mit einer iPhone-App.

    Schöner Blog, der Kulturbeutel – habe ich heute erst entdeckt. Mein eigener ist der VioWorld-Kulturblog: http://vioworld.de/blog/

  2. Gerade Mozart war sehr innovativ und all die Tools auf ihre Tauglichkeit hin getestet. Ihn hätte dabei wahrscheinlich vor allem das Potenzial für Marketingaktivitäten interessiert und so hätte er vermutlich nicht nur gebloggt, sondern auch Foto- und Videoplattformen genutzt, um von seinen Auftritten zu berichten.

    1. Lieber Christian,

      ich sehe das genauso wie Du. Aus diesem Grund bin ich auch der Meinung, dass wir das Web 2.0 weniger als Technologie sondern vielmehr als Kulturform sehen sollten. Wenn wir aus dieser Sichtweise an das Thema rangehen, öffnen sich völlig neue Räume. Wir müssen m.E. aufpassen, dass die Kultur- und Wissensinstitutionen nicht zu einem „Flaschenhals“ der Kulturvermittlung und des Kulturmarketings werden. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen. Vor einigen Jahren war es für Musiker von sehr großer Bedeutung, einen Plattenvertrag zu bekommen, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, die eigene Musik einem breiten Publikum präsentieren zu können. Musik wurde größtenteils über physische Datenträger vertrieben. Verkauft wurden diese in Plattenläden und Kaufhäusern wie Karstadt, Media-Markt und Co. Den Zugang zu diesen Vertriebsplattformen hatten die Plattenfirmen. Hatte man keinen Plattenvertrag, kam man nicht in die Läden und wurde so kaum wahrgenommen. Es entstand ein“Zugangsoligopol“. Kriterium in diesem System war einzig und allein der mögliche kommerzielle Erfolg. Es entstand eine Art Filter. Menschen die mit dem Standartangebot nicht mehr zufrieden waren, mussten lange nach einem kompetenten Plattenhändler suchen. Wir wissen wie die Geschichte weiterging. Das moderne Internet änderte diese Situation nachhaltig und die sog. Musikindustrie war und ist kaum darauf vorbereitet. Möchte ein Musiker heute Zugang zu seiner Musik ermöglichen, benötigt er nicht mehr einen Plattenvertrag. Er kann dies durch das Web 2.0 alliene tun. Auch für den kommerziellen Vertrieb von digitaler Musik (mp3 usw.)

      Warum schreibe ich dies alles? Ich glaube, dass das Web 2.0 die Möglichkeit bietet, eine weitaus größere Zahl an Menschen mit Wissen und Kultur zusammen zu bringen. Die Frage ist aber die, ob die Institutionen, die in der „Offlinewelt“ mit der Kultur- und Wissensvermittlung betraut wurden, dies auch in der „Onlinewelt“ tun werden. Meiner Meinung nach haben wir aktuell immer noch eine Situation, in der viele Inhalte den Menschen im Internet vorenthalten werden dies ist ein großes Problem.

      Natürlich ändert sich damit das Geschäftsmodell der Institutionen nachhaltig. Aber es ist ja gerade dieser Prozess der Veränderung, der uns bei so vielen Künstlern fasziniert. Kunst entwickelt sich stetig weiter. Sie ist ein Prozess. Ebenso verhält es sich mit dem modernen Internet. Ich denke es gab nie zuvor eine Plattform die geradezu perfekt auf die Arbeit von Kulturinstitutionen zugeschnitten ist.

      Liebe Grüße

      Christoph

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