In den letzten Wochen habe ich mich viel mit dem Web2.0 und Computergames – also sog. virtuellen Medien bzw. Welten beschäftigt. Immer wieder habe ich mich dabei gefragt, was eigentlich mit virtuell gemeint ist? Gerne nimmt man diesen Begriff um eine Abgrenzung zur Realität zu definieren. Aber ist das so eigentlich sinnvoll bzw. richtig? Wenn ich mir Disneyland ansehe oder die vielen Shoppingcenter in Berlin weiß ich nicht ob diese Welten real oder virtuell sind. Und auch unsere Finanzkrise – ich glaube übrigens, dass es vielmehr eine Gesellschafts- oder Kulturkrise ist – basiert letztlich auf virtuellen Inhalten, nämlich virtuellen Zahlen bzw. Werten die es den Unternehmen ermöglichten scheinbar reale Erfolge zu feiern.
Wann bzw. wo also fängt die virtuelle Welt an? Ist das Web2.0 oder sind Computergames wirklich virtueller als andere Bereiche unseres Lebens? Oder ist es vielmehr die Frage eines Lernprozesses an dessen Ende das Virtuelle zur Realität wird? Waren z.B. die Reformen eines Gustav Mahler in der Aufführungspraxis von Opern für damalige Besucher ein Schritt in eine virtuelle Welt? Ist Kultur nun real oder virtuell?
Vielleicht sollten wir aufhören, zwischen virtuellen und realen Welten zu unterscheiden und stattdessen versuchen, die jeweiligen Systeme mit Inhalten zu füllen.
Virtuelle Welten haben nur einen vermeindlichen Vorteil: Es scheint als müsse man in ihnen keine Verantwortung für sein tun übernehmen – schlecht wenn diese Herangehensweise auch in die reale Welt adaptiert wird…
Christoph Deeg